Kirchwerder will neu anfangen

Wie geht es weiter in Kirchwerder? Im Kirchenstreit darf Pastor Lungfiel bleiben, Gespräche mit dem Gemeinderat sind angesetzt. Beide Seiten beteuern, die Chance für einen Neustart nutzen zu wollen.

In der St. Severini-Kirche darf Pastor Lungfiel weiter predigen
In der St. Severini-Kirche darf Pastor Lungfiel weiter predigenJulia Fischer

Hamburg. Eigentlich sollte er weg. Im vergangenen Oktober war Pastor Gottfried Lungfiel durch den „Pastoren-TÜV“ gefallen, der routinemäßig alle zehn Jahre ansteht. Der Kirchengemeinderat (KGR) entschied sich gegen den Theologen, was in der Gemeinde Proteste auslöste. Bis zum kommenden Oktober sollte Lungfiel, schon seit mehr als zwei Jahrzehnten in Kirchwerder, demnach seine Stelle aufgeben. Auch nach diesem Entschluss hatte der Theologe stets betont, in Kirchwerder bleiben zu wollen, und auf ein „Wunder“ gehofft.
Kein Wunder, sondern ein Formfehler hat Pastor Lungfiel nun seinem Wunsch nähergebracht. Der Beschluss des KGR ging im Oktober 2015 zum Landeskirchenamt nach Kiel, wo laut Kirchenkreis-Sprecher Remmer Koch „mehrere Stellen“ den Beschluss prüften. Spätestens nach drei Monaten hätte Lungfiel schriftlich benachrichtigt werden müssen. Doch das ist nicht geschehen. Man könne nicht klar zuordnen, bei wem das Versäumnis liege, sagt Koch. „Mit solchen Verfahren haben wir zum Glück wenig Übung“, gibt er zu.

Pastor Lungfiel "froh und erleichtert"

Wegen dieses Fehlers ist der Beschluss des Gemeinderats unwirksam, Pastor Lungfiel darf Inhaber der Pfarrstelle bleiben. „Ich bin sehr froh und erleichtert“, sagte Lungfiel. Sehr gern wolle er nun in Kirchwerder bleiben, denn er sei im Ort fest verwurzelt. Das überwältigend positive Echo von fast allen Mitgliedern der Gemeinde habe ihn zusätzlich ermuntert.
Nach der Entscheidung des Gemeinderats hatte Lungfiel sich bereits nach einer anderen Stelle umgeschaut, was aber „gar nicht so einfach“ war. Denn als Hamburger wollte er in der Hansestadt bleiben. „Ich hätte mir große Sorgen um meine Zukunft machen müssen“, sagt Lungfiel.
Im vergangenen Sommer war es zu schweren Zerwürfnissen in der beschaulichen Elbgemeinde gekommen. Der 15-köpfige Kirchengemeinderat hatte beiden Pastoren das Vertrauen entzogen. Pastor Ulrich Billet hat die Gemeinde verlassen und inzwischen eine Stelle im schleswig-holsteinischen Lauenburg angetreten. Über die Gründe des Streites hüllten sich beide Seiten in Schweigen.

„Wir arbeiten an unseren Schwächen“

Wie sie den Formfehler bewertet, dazu machte Stephanie Pelch, Vorsitzende des Gemeinderats, keine Angaben. Der KGR werde sich in seiner nächsten Sitzung Ende Mai eine abschließende Meinung dazu bilden. Doch sie richtet ihren Blick nach vorn: „Alle Seiten sind gewillt, eine gute gemeinsame Lösung zu finden.“ Um das zu erreichen, haben Gespräche zwischen Pastor Lungfiel und dem Gemeinderat begonnen. Diese verlaufen „sehr positiv“, so Stephanie Pelch. Lungfiel sagt, die Gespräche würden „sicher nicht unkompliziert“ werden. Man sei sich aber einig, dass man einen neuen Start brauche. „Unsere Stärke ist, dass wir an unseren Schwächen arbeiten“, sagt er.
Spannend wird es in der Gemeinde am Hamburger Stadtrand aber bleiben, denn Ende des Jahres stehen nordkirchenweit KGR-Wahlen an. Sieben Mitglieder des „Scheunenschnacks“, einer Initiative, die Pastor Lungfiel unterstützt, wollen für das Gremium kandidieren. Das kündigt der Leiter des „Scheunenschnacks“, Gerd Josenhans, an. Wer sich vom aktuellen KGR zur Wahl stellt, ist nicht bekannt. Die Vorsitzende Stephanie Pelch äußert sich zu ihrer möglichen Kandidatur nicht.