Kirchen verurteilen Queer-Feindlichkeit

Keine Volksverhetzung: Das Bremer Landgericht hat den evangelikalen Pastor Latzel freigesprochen. Die Kirchen kritisieren das Urteil scharf – und sehen einen „platten Biblizismus“.

Kirche und Queer – das passt zusammen, sagen viele nach dem Latzel-Urteil
Kirche und Queer – das passt zusammen, sagen viele nach dem Latzel-UrteilThomas Lohnes / epd

Leer / Bremen. Nach dem Freispruch für den evangelikalen Bremer Pastor Olaf Latzel mehren sich kirchliche Stimmen, die das Urteil des Bremer Landgerichts kritisieren und für eine offene, queer-freundliche Kirche werben. Die Kirchenpräsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche mit Sitz in Leer, Susanne Bei der Wieden, verurteilte Latzels Äußerungen zu Homosexualität. „Der Freispruch von Olaf Latzel ändert nichts daran: Als der Bibel verpflichtete Christin verurteile ich seine homophoben Äußerungen scharf“, postete die Kirchenpräsidentin am Sonnabend bei Twitter.

Zugleich kritisierte Bei der Wieden das Bremer Landgericht, das Latzel vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen hat: „Das Bremer Urteil gibt einseitig einem platten Biblizismus recht. Biblische Theologie bezeugt aber Gott als den Schöpfer aller Lebensformen.“

„Alle Menschen willkommen“

Auch die hannoversche Jugendsynode und Landesbischof Ralf Meister haben sich in einem gemeinsamen Statement scharf gegen Menschenfeindlichkeit und die Diskriminierung queerer Menschen gewandt. Die hannoversche Landeskirche setze sich für die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am kirchlichen und gesellschaftlichen Leben ein, heißt es in der am Sonnabend auf der Frühjahrstagung der Landessynode vorgestellten Stellungnahme. Alle Menschen aller geschlechtlichen Identitäten und vielfältiger sexuellen Orientierungen seien willkommen.

Am Bremer Landgericht hat das Berufungsverfahren im Fall des umstrittenen Pastors Olaf Latzel (M. mit seinen Anwälten) begonnen.
Am Bremer Landgericht hat das Berufungsverfahren im Fall des umstrittenen Pastors Olaf Latzel (M. mit seinen Anwälten) begonnen.epd/tristan vankann/fotoetage

Gleichwohl müsse die Landeskirche künftig mehr tun, um auch für Menschen aus der queeren Community einladend zu sein: „Unsere Kirche soll noch mehr als bisher ein Ort sein, an dem sich alle Menschen zu jeder Zeit akzeptiert, sicher und zu Hause fühlen können.“

Am Freitag hat der Oldenburger Bischof Thomas Adomeit Bedauern für den Freispruch Latzels geäußert. Das Bremer Landgericht hatte den umstrittenen evangelischen Pastor am Freitag vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen, dabei ging es um Äußerungen zur Homosexualität. „Das Gericht hat einen weiten Rahmen für die Meinungsfreiheit gezogen. Das ist zu akzeptieren“, sagte der Bischof am Rande der in Oldenburg tagenden Synode seiner Kirche: „Dennoch heiße ich die Äußerungen von Pastor Latzel nicht gut.“

Der Pastor hatte im Oktober in einer „biblischen Fahrschule zur Ehe“ vor 30 Paaren unter anderem gesagt, Homosexualität sei eine „Degenerationsform von Gesellschaft“. Eine Tonaufnahme davon war im März des Folgejahres mit Zustimmung des Pastors auf dem Youtube-Kanal des Theologen veröffentlicht worden.

Disziplinarverfahren ruht

Latzels Äußerungen entsprächen nicht dem christlichen Welt- und Menschenbild, unterstrich Adomeit. Die Beziehung zweier Menschen, die sich liebten, sei unabhängig von Geschlecht und Identität. „Das Ja zueinander ist stärker.“ Adomeit ist auch Ratsvorsitzender der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen.

Unklar ist, wie ein Disziplinarverfahren ausgeht, das die Bremische Evangelische Kirche gegen Latzel angestrengt hat und das unabhängig vom Urteil läuft. Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des Landgerichtes ruht das Verfahren. (epd)