Kirchen begrüßen Entscheidung zur Organspende

Nur wer zustimmt, kann Organspender werden. Das hat der Bundestag entschieden – und wird dafür von den Kirchen gelobt.

In Boxen kommen die Organe in den OP-Saal
In Boxen kommen die Organe in den OP-SaalAnnette Zöpf / epd

Berlin/Bonn. Die katholische und evangelische Kirche in Deutschland begrüßen die Entscheidung des Bundestags zur Organspende. Die Entscheidung der Parlamentarier, bei einer Zustimmungslösung zu bleiben, setze „ein wichtiges Zeichen für den Erhalt und Schutz grundlegender medizinethischer und grundrechtlicher Prinzipien“, auf denen das Wertefundament der Gesellschaft fuße, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) nach der Abstimmung im Bundestag.

Das Gesetz gewähre weiterhin eine möglichst große Entscheidungsfreiheit bei der Organspende und treffe dennoch Maßnahmen, die dazu führten, dass die Menschen sich verstärkt mit der Frage der Organspende befassen, sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, laut Mitteilung.

Gesellschaft jetzt herausgefordert

Die Abgeordneten hatten nach zweieinhalbstündiger Debatte über zwei mögliche Regelungen zur Verbesserung der Organspende abgestimmt. Der Gesetzentwurf der Regierung, den Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach eingebracht hatten, sah eine Widerspruchsregelung vor. Damit wäre jeder Bürger zum potenziellen Organspender geworden, hätte er dem nicht zu Lebzeiten widersprochen. Diesen Vorschlag lehnten die Abgeordneten ab.

Große Zustimmung fand dagegen der Vorschlag, bei einer Zustimmungsregelung zu bleiben und gleichzeitig deutlich stärker und regelmäßiger auf die Möglichkeiten der Organspende hinzuweisen. 432 Parlamentarier stimmten dafür, 200 dagegen, 37 enthielten sich in der Schlussabstimmung. Teil des Gesetzentwurfes ist auch ein Online-Organspenderegister, das Kliniken ermöglicht zu sehen, wer sich als Organspender registriert hat.

Die Gesellschaft sei jetzt als Ganze herausgefordert, alles zu unterstützen, was die individuelle Organspendenbereitschaft befördert, heißt es in der Erklärung der beiden Kirchen. EKD und Bischofskonferenz hatten sich in der Debatte immer gegen eine Widerspruchsregelung ausgesprochen. In einem Brief an alle Abgeordneten des Bundestags hatten die beiden großen Kirchen „erhebliche rechtliche, ethische und seelsorgerliche“ Bedenken gegen die Pläne des Bundesgesundheitsministers geäußert. Der Staat „würde damit tief in den Kernbereich der menschlichen Existenz eingreifen“, hieß es darin.

Die leitenden evangelischen Theologen in Niedersachsen und Bremen haben die Entscheidung des Bundestags ebenfalls begrüßt. „Aus meiner Sicht darf niemand zu einer Entscheidung gezwungen werden“, betonte der hannoversche Landesbischof Ralf Meister. Die Organspende sei „eine Entscheidung, die in die tiefsten Schichten der menschlichen Seele hinuntersteigt“, sagte er. „Ich muss mich mit meinem Ende auseinandersetzen, mit Sterben und Tod.“ Er selbst trage seit Jahren eine kleine Karte zur Organspende bei sich.

„Eine Spende bleibt eine Spende“, kommentierte der Oldenburger Bischof Thomas Adomeit. Die eigentliche Debatte um die Zukunft der Organspende habe jetzt erst begonnen. „Wir werden in der Konfirmandenarbeit, im Religionsunterricht, in Gottesdiensten und mit unserer kirchlichen Bildungsarbeit dazu einen offensiven und wichtigen Beitrag leisten.“ Die Kirche wolle daran mitwirken, dass die Spendenbereitschaft wachse, betonte der Bischof. Auch er führe stets einen Organspendeausweis bei sich.

Keine „Sozialpflichtigkeit“

Auch die Diakonie lobt die Entscheidung des Bundestags. „Freiwilligkeit bei der Organspende ist der richtige Weg“, kommentierte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie in einer Stellungnahme, die die Diakonie über den Kurznachrichtendienst Twitter verbreitete. Jetzt müsse es vor allem darum gehen, diese freiwillige Entscheidung auch in der Praxis, in den Krankenhäusern und bei der Beratung beim Hausarzt qualifiziert umzusetzen. Es sei gut ausgebildetes Personal nötig, um die Akzeptanz der Organspende zu steigern.

Das Frauenwerk der Nordkirche unterstützt die Entscheidung ebenfalls. „Heute wurde bestätigt, dass es keine ‚Sozialpflichtigkeit‘ eines hirntoten Menschen gibt und die Würde des Menschen auch über den Tod hinaus gilt“, sagt Susanne Sengstock, Leiterin des Frauenwerks. Spenden sollten freiwillig sein. Jetzt behalte jeder Mensch das Recht zu entscheiden, ob die eigenen Organe gespendet werden sollen oder nicht.

(epd/tt)

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