Kino für alle

Im April 2022 soll es wieder heißen: „Klappe auf“ für das inklusive Kurzfilmfestival in Hamburg. Dafür werden jetzt Beiträge gesucht.

Bokskapet / Pixabay

Hamburg. Das inklusive Kurzfilmfestival „Klappe auf!“ will den Blinden Bilder geben, den Tauben Worte und alle aktiv am Kulturleben teilhaben lassen. Barrierefreiheit auf allen Ebenen soll dazu führen, dass der Zugang zu Kultur niemandem verschlossen bleibt. So beschreiben die Organisationen die Idee hinter dem Festival, das seit 2013 alle zwei Jahre stattfindet. Aufgrund der Pandemie werden dieses Mal daraus zwar drei Jahre, aber im April 2022 soll die Klappe wieder aufgehen.

„Wir bekommen jedes Jahr rund 2000 Einsendungen aus allen Genres“, erläutert Andreas Grützner, der selber Filmemacher ist und das Projekt leitet. „Daraus suchen wir 35 Beiträge aus.“ Das können Animationsfilme sein, Spielfilme, Dokus, künstlerische Filme – alles ist erlaubt. Einzige Vorgabe ist, dass sie das vorgegebene Thema bedienen, das in diesem Jahr „Achterbahn“ lautet. Die Filme sollen sich ausdrücklich nicht zentral mit dem Thema Behinderung oder Inklusion befassen, sondern vielschichtig und künstlerisch anspruchsvoll sein. Die Siegerfilme werden im Rahmen des Projekts so „übersetzt“, dass sie barrierefrei­ werden. Das heißt, sie werden mit Audiodeskription für Sehgeschädigte hörbar, mit Gebärdensprache für Hörgeschädigte sichtbar oder durch einfache Sprache verstehbar gemacht.

Keine Barrierefreiheit beim Film

Andreas Grützner arbeitet seit 30 Jahren mit der Stiftung Alsterdorf zusammen. „Dort habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Zugänglichkeit zu Filmen oft schwierig ist. Größtenteils besitzen Kurzfilme keine barrierefreien Fassungen“, sagt er. „Diese Barrierefreiheit stellen wir für die Festivalfilme her.“ Schauplätze, Darsteller, Mimik und Gestik sowie Kameraführung würden von professionellen Hörfilmautoren in Worte gefasst und von professionellen Sprechern eingesprochen.

Menschen mit Behinderung in der Jury

Das Festival sei so konzipiert, dass Menschen mit Behinderung von Anfang an gleichberechtigt beteiligt sind. Sie säßen in der Jury, sie arbeiteten im Team mit und sie sähen sich die Filme an wie Menschen ohne Behinderung auch. Dazu gehöre auch, dass alle die gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit bekommen, so Grützner. „Das gesamte Organisationsteam des Festivals, das aus Menschen mit und ohne Behinderung besteht, definiert sich durch eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe und im möglichst gleichberechtigten Miteinander.“

„Klappe auf!“ will Kino so vielen Menschen wie möglich zugänglich machen – aber nicht als Nischen­angebot, sondern als selbstverständliche Inklusion, die keine Unterschiede macht. „Unsere Mission ist es, möglichst auch andere Festivalmacher davon zu überzeugen, mehr Zugänglichkeit zu den Filmen zu schaffen“, sagt Grützner. „Dazu stehen wir auch als Berater zur Verfügung.“ „Klappe auf!“ bietet darüber hinaus einen Verleih von Filmen an, die bereits barrierefrei bearbeitet wurden und an denen das Festival die Rechte besitzt.

Tourette-Syndrom wird Thema

Kurzfilme, die in der Regel zwischen 10 und 30 Minuten lang sind, seien gut für das Festival geeignet, da sie kurzweilig in der Präsentation seien. Auch für die Jury, die Gespräche zwischen den Filmen, bei der Eröffnung und bei der Preisverleihung gebe es Audiodeskription sowie Schrift- und Gebärdensprachdolmetscher. „Als Schirmherr des Festivals haben wir Fatih Akin gewinnen können.“

Begleitet wird jedes Festival mit einem Parallelprojekt zu unterschiedlichen Formen der Behinderung. Nach Autismus 2019 lautet das Thema 2022 Tourette-Syndrom. Gleichzeitig gibt es die Möglichkeit für Besucher, sich darüber zu informieren, wie hörgeschädigte Menschen Filme wahrnehmen. Dafür wurde der „Klappomat“ entwickelt. Die spielerische Installation ermöglicht es, schrittweise eine Audiodeskription oder Untertitel für Hörgeschädigte kennenzulernen.

Die Frist für die Einreichung der Filme endet am 30. April. Die Filme sollten maximal 30 Minuten lang sein, müssen in einer deutschen Sprachfassung vorliegen oder ohne Dialoge auskommen und dürfen nicht vor dem 1. Januar 2019 produziert worden sein. Es werden drei Jurypreise, ein Publikumspreis und ein Teampreis vergeben Das Preisgeld beträgt insgesamt 5000 Euro.