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Kinder- und Jugendchöre erobern München für fünf Tage

Singen, Jodeln, Trommeln, Volkstanz: Beim Pueri-Cantores-Chorfestival in München treffen in der nächsten Woche Kulturen musikalisch aufeinander. Junge Chöre aus aller Welt laden zum Zuhören und Mitfeiern ein.

Gemeinschaft erleben, Gott loben, vielstimmig für ein friedliches Miteinander eintreten, und andere Menschen an ihrer Freude am Musizieren Anteil geben – dazu kommen vom 16. bis 20. Juli 169 Kinder- und Jugendchöre aus aller Welt nach München. 4.400 junge Stimmen werden für fünf Tage einen Klangteppich durch die Innenstadt legen. Alle Konzerte sind gratis – und am Donnerstagabend ab 20 Uhr können alle, die Lust dazu haben, auf dem Marienplatz mitsingen.

Ausgerichtet wird das Festival vom Internationalen Verband Pueri Cantores mit seinen weltweit etwa 1.000 Mitgliedschören. Zuletzt in Deutschland war man im Jahr 2004 in Köln. Die Wurzeln des Verbands liegen in der katholischen Kirchenmusik Frankreichs, aber inzwischen wollen gerade in Ostdeutschland auch immer mehr evangelische Formationen mitmachen, wie die Präsidentin des deutschen Zweigs, Elisabeth Lehmann-Dronke, berichtet. Sie leitet den Kinder- und Jugendchor am Erfurter Dom.

Pueri Cantores – wörtlich übersetzt bedeutet das Knabensänger Seit gut 60 Jahren schon ist der Verband auch für Mädchenchöre offen. Zeit für eine Namensänderung? Eine solche Debatte gibt es bei ihnen nicht, sagt Lehmann-Dronke. “Für uns ist das die Gemeinschaft der singenden Kinder.”

Eine ganze, voll besetzte Kirche singen zu hören, das sei etwas Ergreifendes, beschreibt sie den besonderen Flair des Festivals. Ein guter Teil des Programms besteht aus sogenannten Begegnungskonzerten, 25 an der Zahl, die Chöre aus verschiedenen Ländern bestreiten werden. “So stelle ich mir den Himmel vor”, sagt die Präsidentin und verspricht: “So vielfältige Klangfarben zusammen – das hat München noch nicht gesehen.”

Etwa zwei Drittel der Ensembles kommt aus Deutschland. Vertreten sind aber auch Länder wie Mexiko, Panama, Brasilien und Burundi. Bei den Flugpreisen? Dank finanzkräftiger Sponsoren, darunter auch das Goethe-Institut, konnte alle, die danach gefragt haben, unterstützt werden, sagen die Veranstalter. Ein größerer Hemmschuh als die Reisekosten seien in manchen Fällen die Visa.

Ein Jammer wäre es, müsste deshalb etwa der Workshop mit den kongolesischen Trommlern ausfallen. Denn dafür haben sich, so ist zu hören, besonders viele angemeldet. Die Afrikaner erhalten umgekehrt die Möglichkeit, sich im Jodeln oder im bayerischen Volkstanz auszuprobieren, das im Programm “Bavarian Line Dancing” heißt. Ein Experiment für die Pueri Cantores ist auch das erstmalige gemeinsame Singen mit Münchner Schulklassen. Aber auch darin drückt sich der Wille aus, nicht in der Kirchenblase verharren zu wollen.

Apropos Kirche. Zumindest die Musik hat dort nach Auskunft der Organisatoren die Corona-Delle längst überwunden. Vorbei die Zeiten, als gemeinsames Singen als lebensgefährlich eingestuft wurde. Heute stehen die Pueri Cantores in Deutschland mit mehr als 20.000 Sängerinnen und Sängern genauso gut da wie vor der Pandemie. “Schön zu sehen, wie diese Landschaft wieder aufgeblüht ist”, sagt der Münchner Diözesanmusikdirektor Stephan Zippe. Und führt diese Erholung auch auf die aktive Verbandsarbeit zurück. “Wo nix los ist, wächst auch nix.”

Laura Vogel (26) ist seit 20 Jahren bei der Münchner Dommusik aktiv. “Ich sehe da jede Woche meine besten Freunde”, erzählt sie. Und: “Über das Singen kann ich meinen Glauben ausdrücken.”

Abgesehen vom Gemeinschaftserlebnis bietet so ein Festival auch zusätzliche Anreize, etwa für musikalische Schulpflichtige aus Bundesländern, wo noch keine Ferien sind. Bis zu drei Tage dürfen sie dem Unterricht fernbleiben. Die Direktoren seien da sehr konziliant, sagt Zippe.