Keine Reisen – keine Gottesdienste

Weniger Spenden für Straßenkinder in Brasilien und Aids-Waisen in Tansania – die Pandemie erschwert auch die Partnerschaften von Kirchengemeinden. Sie suchen andere Wege, ihre Partner zu unterstützen.

Gottesdienste an der Westerländer Strandmuschel mit Kollekten für Partnergemeinden mussten im vergangenen Jahr ausfallen
Gottesdienste an der Westerländer Strandmuschel mit Kollekten für Partnergemeinden mussten im vergangenen Jahr ausfallenPrivat

Westerland/Hamburg. „Hakuna Matata“ liegt den Westerländern am Herzen. So heißt ein Projekt für Straßenkinder im brasilianischen Ilhéus, das die Kirchengemeinde auf Sylt unterstützt. Grundschüler absolvieren einen Staffellauf, im Garten des Gemeindehauses gibt es einen Flohmarkt, und beim Gottesdienst am Strand wird per Klingelbeutel gesammelt – alles für den guten Zweck.

Doch wegen der Corona-Pandemie musste die Gemeinde im vergangenen Jahr fast alle Veranstaltungen absagen: keine Staffelläufe, keine Flohmärkte und auch die beliebten Gottesdienste in der bekannten Strandmuschel an der Westerländer Promenade fielen aus. Für „Hakuna Matata“ hatte das vor allem finanzielle Folgen: Im Schnitt konnte die Gemeinde das Projekt mit etwa 2800 Euro jährlich unterstützen, informiert Pastorin Anja Lochner. Doch 2020 seien nur rund 860 Euro geflossen.

Feste Anlaufstelle

„Wir sind der größte Sponsor des Projekts“, sagt die Theologin, die bei einer Urlaubsreise vor 25 Jahren das Projekt „Hakuna Matata“ zufällig kennenlernte. Das große Haus mitten in den Favelas wird von einem deutschen Brüderpaar geleitet. Kinder können dort tagsüber eine warme Mahlzeit bekommen, ihre Hausaufgaben machen oder eine Partie Fußball spielen. Teenager-Mütter erhalten Hilfe für sich und ihre Babys. Für viele sei das Haus eine feste Anlaufstelle. Weil die Unterstützung ausblieb, drohte das Projekt Ende des vergangenen Jahres zu kippen. Deshalb startete Anja Lochner eine Kampagne. Sie warb in einem lokalen Anzeigenblatt und veröffentlichte einen Text auf der Internetseite der Gemeinde. Das hatte Erfolg: Vorerst sei „Hakuna Matata“ bis zum Herbst gesichert.

Zwei Jugendliche arbeiten an der Werkbank von "Hakuna Matata"
Zwei Jugendliche arbeiten an der Werkbank von "Hakuna Matata"Privat

Für die internationalen Partnerschaften von Kirchengemeinden sei Corona ein großes Problem, erläutert Jürgen Reißner, im Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein zuständig für Partnerschaften. Das größte Manko: Die Reisen müssen ausfallen. Wo sich sonst Menschen aus den beiden Gemeinden trafen und Freundschaften schlossen, herrscht nun Leere. „Partnerschaft lebt von Begegnung“, sagt Reißner.

Damit man sich wenigstens virtuell begegnen kann, hat der Kirchenkreis einen Web-Talk gestartet, der regelmäßig digital stattfindet. Dort treffen sich Hamburger mit Christen aus Tansania und Südafrika, wohin der Kirchenkreis Partnerschaften unterhält. Etwa 30 bis 50 Teilnehmer sind via Zoom dabei. Für jeden Talk wird ein Thema vorgegeben, es ging schon um Finanzen und Probleme der Partnerschaftsarbeit.

Spenden für Trinkwasser-Projekt fließen

Wie hoch der Rückgang von Spendengeldern ist, dazu sagt Reißner nichts. Darüber gebe es keine zentrale Statistik. Wie hoch das Minus bei ihrem Partnerprojekt ist, kann die Kirchengemeinde Blankenese ziemlich genau beziffern. Für die Partnergemeinde im Südwesten Tansanias organisieren die Konfirmanden jedes Jahr ein Adventskaffee im Gemeindehaus. 2020 fand es in einem Zelt vor der Kirche statt – und musste schon nach wenigen Tagen wegen des harten Lockdowns abgebrochen werden. So kamen für Aids-Waisen nur 1700 Euro statt der üblichen 5000 Euro zusammen. Vom Geld soll die höhere Schulbildung bezahlt werden. „Jetzt suchen wir nach anderen Möglichkeiten“, sagt Pastor Klaus-Georg Poehls.

Die Spenden für ein Trinkwasser-Projekt hat die Gemeinde schon retten können. Etwa 15 000 Euro kommen pro Jahr zustande – auch 2020. Dafür musste die Gemeinde sich anstrengen. Im Stadtteil verteilte sie Flyer und schrieb potenzielle Spender an – mit Erfolg. In diesem Jahr beginnt der Bau der Anlage, die Wasser von einem Dorf zum anderen transportiert, sagt Pastor Poehls.

Reisen werden wieder anlaufen

Mit Optimismus blicken auch die Gemeinden auf ihre Partnerschaften. „Sobald es wieder erlaubt ist, werden die Reisen beginnen“, ist sich Jürgen Reißner sicher.