Nach rund 200 vergeblichen Anfragen: Für eine Jugendliche mit Behinderung findet die Stadt Datteln seit Monaten keinen Betreuungsplatz. Nun wendet sich der Bürgermeister an die Landesregierung.
Sie verletzt sich selbst und andere und bringt ihre Betreuer an die Belastungsgrenze – das Jugendamt von Datteln im Ruhrgebiet findet seit August 2024 keinen geeigneten Betreuungsplatz für eine 16-Jährige mit geistiger Behinderung. Die Eingliederungshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung sei eigentlich Aufgabe des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL), nicht aber die Suche nach einem Betreuungsplatz, wie die Stadt am Freitag mitteilte. Bürgermeister André Dora (SPD) habe sich daher in einem Brief an den nordrhein-westfälischen Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) gewandt.
Darin bittet er den Minister um Unterstützung. Das Jugendamt habe bereits rund 200 Einrichtungen vergeblich angefragt, schreibt Dora. Aktuell lebe die 16-Jährige zur Notunterbringung in einem Hotel, unter Betreuung eines Intensivpflegedienstes. Dieser Zustand stelle für das Mädchen eine hohe Belastung dar. “Es kommt immer wieder zu Übergriffen gegenüber dem Pflegepersonal und zu selbstverletzendem Verhalten. Es droht, dass der Pflegedienst seine Zusammenarbeit aufkündigt und wir sodann keinerlei Option mehr haben”, so der Bürgermeister der Stadt im Kreis Recklinghausen.
Auch die Familie ist nach Angaben der Kommune mit der Jugendlichen überfordert. Sie versuche unter anderem, Geschirr oder Nägel zu verschlucken, und habe bereits ihre Schwester mit einer Scherbe bedroht. Um der 16-Jährigen helfen zu können, fehlten aber die geeigneten Mittel.
Laut dem Bürgermeister muss die Jugendliche schnellstmöglich in eine geeignete Wohngruppe der Eingliederungshilfe. “Die Kinder- und Jugendhilfe bietet keinen angemessenen und kindeswohldienlichen Rahmen für eine Jugendliche mit geistiger Behinderung.”
Diese fehlende Betreuungsmöglichkeit sei kein Einzelfall, so die Stadt unter Berufung auf den LWL. Auch Nachbarstädte stünden vor ähnlichen Herausforderungen. “Mir ist auch bewusst, dass sich diese Situation nicht nur in NRW zeigt, sondern bundesweit ein Thema ist. Gleichwohl stehen wir als Kommunen am Ende in der Zuständigkeit und ohne Hilfe”, betont der Bürgermeister.