Jetzt suchen auch die Demokraten religiöse Wähler

US-Präsident Trump konnte sich bei der Wahl 2016 auf evangelikale Wähler verlassen. Sie unterstützen ihn zuverlässig. Auch die Demokraten wollen nun christliche Wähler für sich gewinnen – mit einer neuen Strategie.

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Washington. Donald Trumps spirituelle Beraterin, Paula White, sprach bei dessen offizieller Ankündigung zur Wahl 2020 ein deutliches Gebet: Gott habe Trump erhoben, sagte White, und der US-Präsident werde jede teuflische Strategie gegen sich überwinden. Möge „jedes dämonische Netzwerk“ gegen Trump zerstört werden, betete die Fernsehpredigerin.

Der US-Präsident hat 2016 mit Hilfe weißer Protestanten die Wahl gewonnen, besonders durch die Unterstützung weißer Evangelikaler. Und auch jetzt kann Trump sich offenbar auf „seine Gläubigen“ verlassen, denen er eine Rückkehr zum Amerika der Vergangenheit in Aussicht stellt, in dem weißer Protestantismus tonangebend war. Und er hat sein Versprechen wahr gemacht, gegen Abtreibungen vorzugehen. Umfragen zeigen, dass die weißen Evangelikalen weiter zu ihm halten könnten.

Regelmäßige Kirchgänger wählen in den USA seit Jahren eher republikanisch als demokratisch. Vor der Präsidentschaftswahl von 2020 wetteifern jedoch auch die Demokraten um „religiöse“ Stimmen.  Das religiöse Interesse ist neu. Präsident Barack Obama behielt sein spirituelles Innenleben für sich. Kandidatin Hillary Clinton, als Methodistin nach eigenen Angaben tief verwurzelt im Evangelium, war in ihrem Wahlkampf gegen Trump nur wenig auf die kirchliche Wählerschaft zugegangen. Mehrere aktuelle Präsidentschaftsanwärter hingegen wollen das anders machen. Senatorin Elizabeth Warren, die soziale Gerechtigkeit und eine Vermögenssteuer fordert, redet offen über ihren Glauben.

Kandidat klingt wie ein Prediger

Jeder Mensch sei wertvoll, sagte Warren in einer CNN-Sendung. Das Evangelium fordere zum Handeln für notleidende Menschen auf. Für ein Wahlkampfvideo besuchte sie die Methodistenkirche ihrer Kindheit in Oklahoma. Warrens Rivalen, der frühere Vizepräsident Joe Biden und Julian Castro, Wohnungsbauminister unter Obama, sprechen über ihren römisch-katholischen Glauben.

„Glaube ist nicht das Eigentum einer politischen Partei“, betont Pete Buttigieg, Bürgermeister von South Bend im US-Staat Indiana. Der Demokrat bewirbt sich auch für die Präsidentschaftskandidatur. Christ zu sein bedeute, dass man berufen sei, sich an Jesus zu orientieren, der sein Leben hingegeben habe, sagte Buttigieg in einem Rundfunkinterview. Senator Cory Booker hört sich bei Ansprachen über Gerechtigkeit zeitweilig an wie ein Baptistenprediger. Das Magazin „The Atlantic“ hat ein Video veröffentlicht, in dem Booker vor Wahlkampfbeginn in seiner baptistischen Gemeinde in Newark im US-Staat New Jersey gesegnet wird.

Der Politikwissenschaftler Ryan Burge von der Eastern Illinois Universität in Charleston sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), Religion sei schwierig für die Demokraten. Es sei aber nicht klar, ob die „religiöse“ Strategie den Kandidaten letztlich zum Wahlsieg verhelfe. Republikaner könnten sich auf die „christliche Rechte“ verlassen, sagte Burge, Mitautor eines akademischen Blogs zu Glauben und Politik. Es gebe aber keine ebenbürtige „christliche Linke“. Die Wähler der Demokraten seien religiös sehr vielfältig orientiert, und viele seien auch gar nicht religiös.

Einer kommt ohne Religion aus

Der Politikwissenschaftler hat Daten von den Kongresswahlen 2018 ausgewertet. Demnach zeigt sich eine Korrelation von Glauben und Rasse. Wähler aus mehrheitlich weißen und evangelikal geprägten Kirchen hätten überwiegend republikanisch gestimmt, südliche Baptisten gar zu 68 Prozent. Auch die Methodisten und die Presbyterianer wählten laut Burge mehrheitlich republikanisch. Als „religiöse Linke“ könnten in den USA vielleicht afroamerikanische und hispanische Kirchen gelten, deren Mitglieder verlässlich demokratisch wählen.

Ohne Religion kommt hingegen Bernie Sanders aus, der 2016 bei den Vorwahlen gegen Hillary Clinton verlor und vor allem viele junge Menschen begeistert hat. Der jüdische Präsidentschaftsanwärter prangert wirtschaftliche Ungleichheit „in der reichsten Nation der Welt“ an. Und zitiert dazu den 1968 ermordeten Bürgerrechtsführer Martin Luther King: Der Wohlstand müsse „besser verteilt werden an alle Kinder Gottes“. (epd)