Jetzt steht Pastor Latzel vor Gericht

Weil er Homosexuelle als Verbrecher bezeichnet hat, muss sich der Bremer Theologe vor Gericht verantworten. Es ist nicht das erste Mal, dass der evangelikale Prediger für Aufsehen sorgt.

Pastor Olaf Latzel in der Bremer Innenstadtkirche St. Martini (Archivbild)
Pastor Olaf Latzel in der Bremer Innenstadtkirche St. Martini (Archivbild)Alasdair Jardine / epd

Bremen. Er hat mehr als 20.000 Follower auf Youtube. Seine Predigten, die er dort regelmäßig hochlädt, tragen Titel wie „Treue zum Herrn“ und „Weisung Gottes für mein Leben“. Es geht um Themen wie Versuchung, Sünde, Ehescheidung und Homosexualität, die er mit Hilfe biblischer Texte erklärt. Wegen seiner möglicherweise zu radikalen Bibeltreue muss sich der evangelische Bremer Pastor Olaf Latzel nun in einem Strafverfahren verantworten. Nach einer Anklage durch die Staatsanwaltschaft beginnt an diesem Freitag, 20. November, die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Bremen.

Latzel hatte sich bei einem im Oktober 2019 auch auf Youtube veröffentlichten Eheseminar abwertend über Gender und Homosexualität geäußert. In dem 142 Minuten langen Video bezeichnete er Homosexualität unter anderem als „Degenerationsform der Gesellschaft“ und sagte: „Überall laufen diese Verbrecher rum vom Christopher Street Day.“ Die Staatsanwaltschaft sieht in den Äußerungen den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt, der mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden kann. Angesichts der hohen Anzahl seiner Follower auf der Internetplattform sei sich der Pastor der Reichweite bewusst gewesen. Inzwischen ist das Video gelöscht worden.

Buddha? Ein „dicker, fetter Herr“!

Der konservative Theologe hatte schon öfter mit provokanten Aussagen für Schlagzeilen gesorgt. 2008 verwehrte Latzel einer Pastorin die Kanzel in seiner Gemeinde, weil er die Predigt von Frauen ablehnt. 2015 nannte er in einer Predigt das islamische Zuckerfest „Blödsinn“ und Buddha einen „dicken, fetten Herrn“. Den Segen „Urbi et Orbi“ des Papstes bezeichnete er als „ganz großen Mist“. Weil er auch zur Zerstörung von „Götzenbildern“ anderer Religionen aufrief, prüfte die Staatsanwaltschaft schon damals die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens wegen Volksverhetzung – und verwarf dies mit Hinweis auf die Meinungsfreiheit.

In der evangelischen St. Martini-Kirche in Bremen predigt Olaf Latzel
In der evangelischen St. Martini-Kirche in Bremen predigt Olaf Latzelepd

Der gebürtige Westfale ist seit 13 Jahren Pastor in Bremen. Seine St.-Martini-Gemeinde gehört zur Evangelischen Allianz, dem Dachverband deutscher Evangelikaler, denen die Treue zur Bibel besonders wichtig ist. Die Gemeinde steht geschlossen hinter ihrem Seelsorger. „Pastor Latzel aber, der eine theologisch unliebsame Position vertritt, soll eingeschüchtert und mundtot gemacht werden“, heißt es in einer im Mai veröffentlichten Stellungnahme.

Innerhalb der evangelikalen Szene ist Latzel bundesweit ein Star mit wachsender Anhängerschaft. So erfährt der Pastor Unterstützung durch eine Online-Petition, die von mehr als 20.000 Menschen unterzeichnet wurde. Sie sprechen sich gegen eine Suspendierung des Theologen aus. Zur Begründung führen sie die „freie Glaubens- und Meinungsfreiheit in den evangelischen Kirchen in Deutschland“ an. Zugleich fand eine weitere Petition, die die Absetzung Latzels fordert, bislang knapp 14.000 Unterstützer.


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Auch die Bremische Evangelische Kirche (BEK) ging auf Distanz zu den Aussagen ihres Pastors. Der Kirchenausschuss der BEK verurteilte „auf das Schärfste die Äußerungen, in denen Menschen herabgesetzt, beleidigt und in ihrer Würde verletzt werden“. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm bezeichnete Latzels Aussagen im „Spiegel“ als „unerträglich“. Nach der Anklageerhebung im Juli beurlaubte die BEK Latzel zunächst für sechs Wochen. Inzwischen darf er seine Tätigkeit wieder ausüben. Ein Disziplinarverfahren der Kirche ist bis zum Abschluss des stattlichen Verfahrens ausgesetzt.

Späte Entschuldigung

Latzel selbst entschuldigte sich im April für seine Worte bei dem Eheseminar. Er habe nichts gegen Homosexuelle, schreibt er in einer Stellungnahme von April. Mit dem Wort „Verbrecher“ habe er „militante Aggressoren“ gemeint, die ihn und seine Gemeinde immer wieder attackierten.

Kürzlich dagegen verteidigte er in einem Youtube-Interview seine „Bibeltreue“. Angesichts der gesellschaftlichen Veränderungen, mit denen er sich und seine Gemeinde konfrontiert sieht, betonte er: „Wir stehen zum Wort und wenn es sein muss, müssen wir auch gegen vermeintlichen gesellschaftlichen Mainstream protestieren.“ (KNA)