Jetzt hat der Michel seine Glocken wieder

Es ist geschafft: Die neuen Michel-Glocken sind mit einem Kran in den Turm gehievt worden. Das Geläut ist komplett – zum ersten Mal seit 100 Jahren.

Stephan Wallocha

Hamburg. Blauer Himmel, wenig Wind: Nach monatelanger Verzögerung wurden am Donnerstag zwei neue Schlag-Glocken auf den Turm des Hamburger Michel gezogen. Bereits am frühen Nachmittag war die Aktion abgeschlossen. "Anfangs hatten wir leichte Verzögerungen, weil einige Probeläufe mit dem Kran nötig waren", sagte Michel-Baukoordinator Gernot Schindler dem Evangelischen Pressedienst (epd). Schließlich sei es "nicht ganz ohne", zwei Glocken mit einem Gesamtgewicht von 2,2 Tonnen in knapp 90 Meter Höhe zu bringen. Damit ist das Uhrschlagwerk im Michel erstmals seit fast 100 Jahren wieder komplett.
Rund um den Michel herrschte Festival-Stimmung: Viele Touristen, Anwohner und Passanten wollten sich das Ereignis nicht entgehen lassen. Smartphones und Fotokameras wurden gezückt, die Bauleitung hatte eigens Flatterbänder gespannt, um die Schaulust allzu Neugieriger zumindest auf Sicherheitsabstand zu halten. 

Jetzt beginnt die Montage der Glocken

Millimetergenaue Maßarbeit war nötig, um die Glocken oben auf der Turmplattform abzusetzen. Kurz nach 14 Uhr war die erste Glocke oben, gegen 15 Uhr folgte die zweite. Mit Flaschenzügen werden sie in den nächsten Tagen in ihre Position unter der Turmkuppel gebracht. Laut Michel-Hauptpastor Alexander Röder können die Montagearbeiten noch knapp zwei Wochen dauern. Dabei werde es auch zu Einschränkungen des Turmbesuchs kommen.
Eigentlich hätten die beiden Glocken schon seit Monaten im Turm hängen sollen – doch zu starke Winde hatten dies stets verhindert. Jetzt jedoch spielte das Wetter mit: Zum Start der Aktion lag ein prächtig blauer Himmel über Hamburg. "Oben auf dem Turm haben wir Windgeschwindigkeiten unter 20 km/h – der Deutsche Wetterdienst hatte keine Bedenken", sagte Schindler. Einzig ein Sommergewitter hätte noch gefährlich werden können, weil dabei auch immer mit Böen gerechnet werden müsse. Doch Blitz und Donner blieben aus.

350.000 Euro Spendengelder gesammelt

Die Glocken waren bereits im Juni 2015 in Hessen gegossen worden, im September wurde ihre Ankunft in Hamburg gefeiert. Seitdem standen sie im Kirchenschiff von St. Michaelis. Für ihren Guss, den Transport zum Michel und das Hochziehen in den Turm wurden binnen weniger Wochen 350.000 Euro Spendengelder gesammelt.
Nach Abschluss aller Arbeiten soll das dann aus vier Glocken bestehende Uhrschlagwerk im Michel mit einer neuen Tonfolge alle 15 Minuten die Zeit verkünden. Eine der beiden neuen Glocken ist die "Vaterunser-Glocke", die angeschlagen wird, wenn in der Kirche das Vaterunser gebetet wird. Zugleich läutet sie zur halben Stunde und zur 3/4-Stunde. Die zweite Glocke trägt den Namen "Friedensglocke" und kommt jede Viertelstunde zum Einsatz. (epd)