Jesuit Mertes: Schule sollte nicht nur Wissen vermitteln

Wissen allein bildet noch nicht das Herz. Davon ist der Jesuitenpater und ehemalige Lehrer Klaus Mertes überzeugt. Er plädiert für ein ganzheitliches Bildungssystem.

In der Schule sollte nach Ansicht des katholischen Theologen und früheren Lehrers Klaus Mertes nicht nur der reine Wissenserwerb im Mittelpunkt stehen. Im Interview des kirchlichen Kölner Internetportals domradio.de (Donnerstag) plädierte er dafür, Erlebnisse zu ermöglichen, die wertvolle Lebenserfahrungen bieten – zum Beispiel das gemeinsame Musizieren. “Da lernt man unglaublich viele Dinge, die fürs Leben wichtig sind: aufeinander hören, Lampenfieber überwinden, Durststrecken durchhalten und so weiter.” Wissen allein bilde noch nicht das Herz, so der Jesuitenpater, dessen Buch “Herzensbildung” am Montag erschienen ist. Darin beschreibt er seine Vision für das Bildungssystem.

Mertes warnte auch vor einer zu starken Ausrichtung der Bildung an den Forderungen des Marktes, da dies Konkurrenzdenken fördere. Zentral für die Bildung sei die Beziehung zwischen Schülern und Lehrern. “Die Pandemie hat gezeigt, was alles fehlt, wenn Unterricht auf digitale Formate reduziert wird, zumal in einer Notsituation wie Corona.” Gefühle spielten in einer Lerngruppe eine wichtige Rolle und seien nicht durch Maschinen vermittelbar.

Bewertungen und Leistung sind Mertes zufolge dennoch wichtig. Bildungsprozesse dürften nur nicht darauf reduziert werden.

Mertes wurde bundesweit bekannt, als er vor 14 Jahren als damaliger Leiter des Berliner Jesuitengymnasiums Canisiuskollegs den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche öffentlich machte. Er unterrichtete die Fächer Latein und Religion.