„Jeder Austritt schmerzt“

Vielen Menschen haben 2018 den Landeskirchen den Rücken gekehrt. Die Nordkirche ist unter die Zwei-Millionen-Marke gerutscht, bei der Landeskirche Hannovers fällt das Minus geringer aus als in den Vorjahren.

Eine einzelne Besucherin in einer Kirche
Eine einzelne Besucherin in einer KircheJens Schulze / epd

Die Mitglieder schwinden rasant. Das ist das Ergebnis der Jahresstatistiken für 2018 der beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland. Evangelische und katholische Kirche verloren demnach 2018 noch mehr Mitglieder als bereits 2017. Die Zahl der Protestanten ging um etwa 395.000 zurück, die Zahl der Katholiken sank um knapp 309.000. Der Verlust summiert sich auf rund 704.000 Mitglieder. Im Jahr 2017 waren es noch knapp 660.000. „Jeder Austritt schmerzt“, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm.

Auch die Nordkirche ist betroffen. Ende des vorigen Jahres waren 1.989.330 Mitglieder registriert. Damit ist die Zahl der evangelischen Christen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern unter zwei Millionen gerutscht. Im Vergleich zu 2017 sank die Mitgliederzahl von 2.027.751 um 1,89 Prozent (38.421). „Wir leben in einer Zeit des Wandels und großer Herausforderungen“, sagte Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt. „Das nehmen wir sehr ernst, auf allen Ebenen unserer kirchlichen Arbeit.“

Der Rückgang der Mitgliederzahlen ist nach Einschätzung der Nordkirche vor allem Folge der demografischen Entwicklung und der Kirchenaustritte. Die Zahl der Kirchenaustritte sei zwar seit 2014 gesunken, aber 2017 mit 25.695 wieder leicht gestiegen.

Was die Nordkirche jetzt unternehmen will

Mit ihren rund zwei Millionen Mitgliedern sei die Nordkirche „ein Hoffnungszeichen für alle Menschen“, sagte Landesbischöfin Kühnbaum-Schmidt. „Denn bestimmt vom Evangelium stehen wir für Nächstenliebe und Barmherzigkeit.“ Es sei aber für viele Menschen nicht mehr verständlich, „wofür der christliche Glaube steht“. Aufgabe der Kirche sei es deshalb, intensiver das Gespräch über die Bedeutung des Glaubens für den Alltag, das Zusammenleben und die Zukunft zu suchen. Dazu werde die Nordkirche verstärkt neue und kreative Möglichkeiten der Kommunikation nutzen – auch in digitalen Formaten.

Die Landeskirche Hannovers hat im vergangenen Jahr rund 47.000 Mitglieder verloren, allerdings fällt der Rückgang gegenüber dem Vorjahr etwas geringer aus. Ende 2018 gehörten der Kirche zwischen Ems und Elbe 2,53 Millionen Mitglieder an. Im Jahr zuvor waren es 2,57 Millionen – ein Rückgang um 1,8 Prozent. 2017 hatte Deutschlands größte evangelische Landeskirche noch 50.000 Mitglieder verloren. Dem Mitgliederrückgang steht allerdings ein Zuwachs bei den Kirchensteuern gegenüber.

„Auch wenn unsere Landeskirche kleiner wird, wird sie weiterhin lebendig und kraftvoll die christliche Botschaft verkündigen“, sagte die Präsidentin des Landeskirchenamtes in Hannover, Stephanie Springer. Sie werde sich für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung einsetzen und weiter eine verantwortliche Rolle in der Gesellschaft spielen.

Kirchliche Arbeit nicht gefährdet

Kirchliche Arbeitsbereiche seien aktuell und mittelfristig nicht gefährdet, betonte die Präsidentin. Doch nicht alles werde in Zukunft so getan werden können wie früher. „Wir haben den Prozess des Kleinerwerdens schon vor vielen Jahren in den Blick genommen und stellen uns darauf ein.“ Schon seit geraumer Zeit würden in der Landeskirche neue Formen erprobt. „Wir vernetzen uns untereinander, mit diakonischen Einrichtungen und anderen sozialen Akteuren vor Ort.“

Im Vergleich mit der Mitgliederentwicklung im Durchschnitt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zeigte sich die Kirche in Oldenburg 2018 erneut stabiler. Sie habe gegenüber dem Vorjahr 6.341 Mitglieder verloren, hieß es. Die Gesamtzahl liege jetzt bei 405.253 Mitgliedern. Das seien 1,54 Prozent weniger als 2017. Die oldenburgische Kirche stehe solide da, sagte ihr Bischof Thomas Adomeit. Doch die Zahl der Austritte schmerze sehr. (epd)