Israelische Armee birgt sechs weitere Geiseln tot aus Gaza

Für sechs weitere Geiseln kam die Rettung zu spät. Die israelische Armee barg ihre Leichen aus einem Tunnel. Die Angehörigen erheben schwere Vorwürfe gegen Israel, das ein Abkommen zur Geiselfreilassung verzögere.

Israelische Sicherheitskräfte haben die Leichen der Geiseln Carmel Gat, Eden Yerushalmi, Hersh Goldberg-Polin, Alexander Lobanov, Almog Sarusi und Ori Danino aus dem Gazastreifen geborgen. “Nach unserer ersten Einschätzung wurden sie kurz vor unserer Ankunft von Hamas-Terroristen brutal ermordet”, sagte Armeesprecher Daniel Hagari am Sonntag vor Medien.

Die Toten befanden sich demnach in einem Tunnel in Rafah im Süden des Gazastreifens, rund einen Kilometer von dem Gebiet entfernt, aus dem am Dienstag der entführte Beduine Qaid Farhan Alkadi lebend befreit wurde.

Unter den Toten ist auch die Deutsch-Israelin Carmel Gat (40). “Seit dem 10.7. hatten wir in der Botschaft an der Seite ihrer Familie für ihre Freilassung gekämpft. Jetzt herrscht nur noch tiefe Traurigkeit”, schrieb der deutsche Botschafter in Tel Aviv, Steffen Seibert, auf der Plattform “X”.

Die Nachricht über die Ermordung der Geiseln erschüttere “das Herz einer ganzen Nation”, sagte der israelische Präsident Isaac Herzog in einer ersten Reaktion auf X. Er entschuldigte sich im Namen des Staates, dass es nicht gelungen sei, die Entführten sicher nach Hause zu bringen. Hamas habe erneut gezeigt, “dass ihre Bereitschaft zum Morden und zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit ungebrochen ist”.

Das “Forum der Geisel- und Vermisstenfamilien” erhebt schwere Vorwürfe gegen die Regierung. Eine Vereinbarung über die Rückgabe der Geiseln liege seit über zwei Monaten auf dem Tisch. “Ohne die Verzögerungen, die Sabotage und die Ausreden wären diejenigen, deren Tod wir heute Morgen erfahren haben, wahrscheinlich noch am Leben”, heißt es in einer Stellungnahme von Sonntag.

Der britisch-israelische Analyst und Friedensaktivist Gerschon Baskin, der maßgeblich an den Verhandlungen um die Freilassung des entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit (2006) beteiligt war, kritisierte am Sonntag erneut den Verhandlungsentwurf. Es sei “ein schlechter Deal, der den Krieg verlängern und nicht alle Geiseln nach Hause bringen wird”. Am Samstag hatte Baskin öffentlich gemacht, dass er im Namen der Geiselfamilien direkte Verhandlungen mit der Hamas geführt habe. Dabei habe er eine Zustimmung zu einem dreiwöchigen Abkommen erzielt, das die Freilassung aller Geiseln sowie einer vereinbarten Zahl palästinensischer Gefangener, das Ende des Krieges und einen israelischer Rückzug aus dem Gazastreifen vorsehe. Die israelischen Unterhändler müssten nun via Katar und Ägypten prüfen, ob die Hamas weiterhin zu diesem Deal bereit sei.

Nach israelischen Angaben befinden sich nach der Bergung noch weitere 101 Geiseln in Gefangenschaft der Hamas im Gazastreifen. Einige von ihnen wurden von der Armee für tot erklärt.