In den Medien werden wichtige Nachrichten zunehmend durch wenige Dauerbrenner-Themen verdrängt. Zu diesem Schluss kommt die Initiative Nachrichtenaufklärung (INA) in ihrer am Donnerstag veröffentlichten Liste mit den zehn relevantesten vergessenen Themen. Derzeit sei in den Medien eine starke Themenverengung zu beobachten, sagte Hektor Haarkötter, INA-Vorsitzender und Professor für politische Kommunikation an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. „Beispielhaft dafür ist der jüngste Wahlkampf, in dem es fast ausschließlich um Migration, Inflation und Verteidigung ging.“
Das wichtigste vergessene Thema ist nach Ansicht der Jury die Rolle deutscher Rüstungsexporte im Zusammenhang mit Kindersoldaten. Trotz internationaler Abkommen und moralischer Bedenken würden deutsche Waffen in Konfliktgebieten eingesetzt, in denen Minderjährige als Kämpfer rekrutiert werden. Doch in den Medien bleibe diese Verbindung weitgehend unbeachtet.
Auf dem zweiten Platz der vergessenen Nachrichten folgt die katastrophale Lage der Menschen im Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Samos. Den dritten Platz belegt das Verbot von Menschenrechtsorganisationen in Äthiopien.
Weitere vergessene Themen sind laut INA die zunehmende Zahl obdachloser Menschen mit Vollzeitstelle, mangelnde Bildungsungerechtigkeit für Pflege- und Heimkinder, die sinkende Zahl tödlicher Arbeitsunfälle, das Risiko medizinischer Fehleinschätzungen bei Menschen mit Migrationshintergrund und die unaufgearbeitete Geschichte der DDR-Vertragsarbeiter aus Mosambik. Zudem vermisste die Jury Berichte über ein neues Gesetz, das die willkürliche Entlassung von Beamten durch erweiterte Befugnisse von Vorgesetzten ermöglicht. Zu den vernachlässigten Themen zähle auch die sogenannte Erdrosselungsgrenze im Steuerrecht – ein juristisches Prinzip, das verhindern soll, dass Steuerlasten in existenzbedrohender Weise wirken.
Die INA veröffentlicht jährlich gemeinsam mit der Nachrichtenredaktion des Deutschlandfunks eine Liste der zehn am meisten „vergessenen Nachrichten“. Die Themen werden von einer Jury aus Wissenschaftlerinnen und Journalisten auf Grundlage von Vorschlägen aus der Bevölkerung gekürt.