In Wustrow läuten neue Glocken

In viele Kirchen wurden in den 1950er-Jahren Stahlgussglocken eingebaut. Deren Lebensdauer wird mit rund 70 Jahren angegeben. Nun ist Zeit, dass neue Glocken nötig sind. Für jede Kirchengemeinde ist dies ein Jahrhundertereignis. So auch in Wustrow.

Die drei neuen Glocken wurden im Altarraum bestaunt.
Die drei neuen Glocken wurden im Altarraum bestaunt.epd/Marion Wulf-Nixdorf

Wustrow. Sie wurden wahrlich stürmisch begrüßt, die drei neuen Glocken in Wustrow. Geplant war am 31. Juli ein Glockenweihefest für Einheimische und Touristen auf dem Kirchberg. Da standen die bronzenen Schwestern dann auch rund zwei Stunden, aufgestellt von Udo Griwahn aus Grimmen, dessen Firma Spezialist ist für Glocken und Turmuhren, und Bernhard Gramowski aus der Kirchengemeinde. Leider wurde es doppelte Arbeit, denn wegen des angesagten Schlechtwetters entschlossen sich Pastorin Christiane Gramowski und Griwahn kurzfristig, die Glockenweihe vom Kirchberg in die Kirche zu verlegen.

Zur Andacht standen die Glocken festlich geschmückt im Altarraum

Nicht alle Menschen, die diesem Ereignis beiwohnen wollten, passten wegen der Corona-Regeln in die Kirche. Einige mussten draußen bleiben. Wie so viele andere Kirchengemeinden mussten auch die Wustrower Glocken in den beiden Weltkriegen abgeben. Die 1873 geweihte Kirche hatte früher ein Dreiergeläut. Zwei Glocken wurden im Ersten Weltkrieg eingeschmolzen, die von 1873 blieb in der Kirche. Die beiden eingeschmolzenen konnten bereits 1928 von Bronzeglocken ersetzt werden, finanziert von Familie Bernhard in Erinnerung an ihren einzigen im Krieg gefallenen Sohn, weiß Pastorin Gramowski.

Eine große Tragik, dass dann auch im zweiten Weltkrieg wieder zwei Glocken abgegeben werden mussten und nur die kleinste Glocke, eine der beiden von Bernhards gespendeten, in der Kirche blieb. 1953 und 1955 kamen zwei neue Stahlgussglocken in den Turm, für die die Gemeinde lange Spenden gesammelt hatte. Die Idee für neue Glocken, die nun aber Jahrhunderte läuten sollen und deshalb aus Bronze sein sollten, wurde bereits am 12. Mai 2018 geboren, erzählte Pastorin Gramowski in der Andacht.

Große Spendenaktion brachte das Glocken-Projekt zum Laufen

Da war eine Wustrowerin zu Grabe getragen worden und Kurdirektor Dirk Pasche sagte, wie sehr ihn immer der Glockenklang erfreue. „Wer weiß wie lange noch?“, antwortete die Pastorin und erklärte ihm, dass die Glocken aus Gusseisen seien und deren Lebensdauer mit nur 70 Jahren angegeben werde. Es könne also sein, dass bald nicht mehr geläutet werden könne. Das sei der Anstoß gewesen für eine große Spendenaktion. Denn rund 46.000 Euro waren für Neuguss und Aufhängung nötig. Auch die Kommune beteiligte sich mit einer sehr hohen Summe. Der pommersche Glockensachverständige Pastor i. R. Joachim Huse habe das Projekt sehr unterstützt und wegen der Bedeutung der Kirche auf dem Fischland ein Vierergeläut empfohlen.

Joachim Gauck: „Nie die Hoffnung sinken lassen!“

Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck, der einen Großteil seiner Kindheit in Wustrow verbracht hatte, auf dem Bodden segeln und rudern gelernt hatte und noch heute gern im Familienhaus ist, erinnerte in der Andacht an den Einbau der einen Stahlgussglocke1953, den er als 13-Jähriger erlebt hatte. Er gedachte auch der vielen Glocken, die 1989 geläutet hatten und ermahnte, nie die Hoffnung sinken zu lassen. „Glocken können viele Glaubensgeschichten erzählen“, betonte er, der viele Jahre Pastor in Mecklenburg war. Die beiden alten Stahlgussglocken werden nicht aus dem Ort verschwinden. Peter Dabels wird sie auf seinem Gehöft aufstellen und gab der Gemeinde sogar eine Spende.