Im Einsatz für die kleinen Kirchen

Sie ist neu im EKD-Rat. Die hannoversche Landeskirchenamtspräsidentin Stephanie Springer hat sich für die Arbeit in dem Gremium viel vorgenommen.Ein Interview über kluge Kopfe und Kompetenzen.

Die Juristin Stephanie Springer
Die Juristin Stephanie Springerepd

Herzlichen Glückwunsch! Sehen Sie diese zusätzliche Aufgabe als einen Karriereschritt an?
Springer: Ich habe so etwas nie geplant, bin aber immer offen für neue Aufgaben und Wege. Ich bin überrascht und froh über das Vertrauen, das mir die Synode schon im ersten Wahlgang geschenkt hat. Das bestärkt mich in meinem Bestreben, weiter offen auf die Menschen und neue Lösungen zuzugehen. Es gibt ja immer nicht nur die eine Lösung. Und es ist gut, auch die jeweils anderen Argumente zu hören. Ich diskutiere gern, auch selbstkritisch, wenn andere mit meinen Überlegungen nicht zufrieden sind.
Gilt das auch für die von der Synode mit überdeutlicher Mehrheit beschlossene Änderung der EKD-Grundordnung?
Ja, es gab ja auch drei Enthaltungen und eine Gegenstimme. Das Ergebnis zeigt, dass es eine breite Zustimmung gibt, dass die EKD eine Kirche ist und dass wir dies auch in die Grundordnung schreiben. Aber eben auch, dass es andere Meinungen dazu gibt. Wir dürfen diese nicht ignorieren. Oft steckt aber hinter der ablehnenden Oberfläche ein ganz anderer Konflikt.
Die Änderung fiel nur minimal aus, manche Landeskirche wäre sicher gern weitergegangen?
Aber auch wenn die überdeutliche Mehrheit hinter der Änderung steht – in der Kirche sind wir noch stärker konsensorientiert als etwa der Staat. Immerhin muss die Änderung noch von allen Landessynoden beschlossen werden und für diese kleine, aber doch bedeutsame Änderung haben wir das Einstimmigkeitsprinzip verabredet. Hinter der erkennbaren Skepsis in einigen Landeskirchen steckt meines Erachtens eine gewisse Angst vor einer großen Organisation, die man selbst einmal gegründet hat, deren Entwicklung man aber nicht in allen Fällen vollständig kontrollieren kann. Hier geht es vor allem um Bedenken, dass sich die EKD schrittweise Kompetenzen anmaßt, die sie nicht haben soll.
Welche Kompetenzen aber soll die EKD haben?
Ich möchte mich im Rat für einheitliche Strukturen und Gesetze dort starkmachen, wo Zusammenarbeit ressourcenschonend und sinnvoll ist bzw. wir mit einer Stimme sprechen sollten, aber weder Kernbereiche der Eigenständigkeit oder Bekenntnisfragen berührt sind. Nach unseren Beratungen kann die EKD nur Kirche sein, indem sie die jeweiligen Bekenntnisse in ihren Gliedkirchen fördert. Darüber hinaus sehe ich mich, auch wenn es vielleicht überraschend klingt, auch als Sprecherin der kleinen, östlichen oder nicht lutherischen Landeskirchen. Die östlichen Landeskirchen haben in ihrer besonderen Geschichte die Abgrenzung von der dortigen Gesellschaft überlebt, das muss immer mitbedacht werden.
Das Thema Flüchtlinge hat die EKD-Synode auch stark beschäftigt…
…und es wird ein Schwerpunktthema für den Rat sein. Wir müssen dabei einerseits die Solidarität mit anderen schutzwürdigen Gruppen im Blick behalten und andererseits Ängste in der Bevölkerung ernst nehmen. Die konkrete Arbeit mit den Flüchtlingen ist Aufgabe der Gemeinden und Landeskirchen. Die Zuständigkeit der EKD sehe ich vorrangig bei den politischen Konsequenzen insbesondere im Asyl- und Zuwanderungsrecht. Dazu gehört auch ein Denken und Handeln über die Grenzen hinaus, also europaweit. Aber wir dürfen bei unseren Forderungen nach Gemeinsamkeit und Solidarität unter den Mitgliedstaaten nicht vergessen, dass wir da als Kirchen selbst noch eine Baustelle haben. Es ist also auch eine Frage, ob es uns gelingt, die Kirchen in anderen Ländern mitzunehmen.
Sind Sie angesichts der Aufgaben, die auf den Rat zukommen, zufrieden mit seiner Zusammensetzung?
Da sind eine Menge kluger Köpfe und vielfältige Kompetenzen versammelt, das macht mich zuversichtlich. Andererseits müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass bestimmte Bereiche nicht vertreten sind, etwa Jugend, Kultur oder Medien. Wir müssen jetzt sehen, dass wir diese Kompetenzen in den Kammern und Ausschüssen stärken. Die Schätze, die in unserer Kirche versammelt sind, wollen gehoben werden.
Welches Thema wollen Sie in die Ratsarbeit einbringen?
Als Staatskirchenrechtlerin fürchte ich, dass wir auf eine zunehmend plurale, multikulturelle Gesellschaft zusteuern, in der Laizismus und Atheismus für Neutralität gehalten werden. Aber ein solcher Staat ist nicht neutral. Vielmehr muss die Weltanschauung einen Beitrag leisten für eine plurale, offene Gesellschaft. Sie ist kein Automatismus, sie muss erkämpft werden. Dafür muss Kirche ihre Stimme erheben. Auch wir als Kirche sind an der Demokratie gewachsen. Und ich wünsche mir, dass andere Weltanschauungen das auch erleben.
Das Interview führte Michael Eberstein.