Hüter des guten Landes

Das neue infoportal-kirchenland.de zeigt, welche Verantwortung Gemeinden für ihr Pachtland tragen und gibt Tipps beim Bewahren der Schöpfung. Die Resonanz ist groß.

Die Startseite des Infoportals
Die Startseite des Infoportals

Greifswald. Wissen Sie, was ein Lerchenfenster ist? Aus Glas besteht es nicht, es ist eher so etwas wie ein „Bett im Kornfeld“ für kleine Lerchenkinder: eine wohnzimmergroße offene Fläche im dichten Ackerbestand, auf der diese Steppen-Vögel landen können, Nahrung finden und brüten. Füchse, Katzen und landwirtschaftliches Gerät machen ihnen anderenorts das Leben schwer, sie brauchen Deckung.

Es ist eine von vielen Maßnahmen, die auf der Internetseite infoportal-kirchenland.de vorgestellt werden. Der Auftritt informiert über die zukunftsfähige Landnutzung auf Kirchenland. Das Beispiel zeigt, wie man der Artenvielfalt auf die Beine helfen kann, nur durch eine kleine Veränderung in der Landwirtschaft.

Ein Bewusstsein der Kirchengemeinden für ihr verpachtetes Land soll geschaffen werden, der Dialog mit den Pachtenden ist das Ziel: für mehr Artenvielfalt. Mehr als 800 der rund 1000 Kirchengemeinden in der Nordkirche verfügen über insgesamt 58.000 Hektar landwirtschaftliche Pachtfläche. 800 Kirchengemeinderäte tragen die Verantwortung, wie gut oder schlecht dieses Land behandelt wird. „Kirchengemeinden sollten sich damit beschäftigen, nach welchen Richtlinien sie verpachten wollen“, sagt Jan Menkhaus vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (KDA), Ansprechpartner für die Bereiche Landwirtschaft und Ernährung.

Auf Tour durch die Nordkirche

Seit Oktober gibt es das Infoportal. Eine übersichtliche, schön aufgemachte Seite mit vier Sachgebieten. Über theologisch-kirchliche Aspekte gibt sie Auskunft: die Größe und Lage von Kirchenland, kirchliche Verlautbarungen und Kirchenrecht. Aber auch, was über christliche Verantwortung für die Natur so in der Bibel steht. Etwa in 3. Mose 25, 3-4, wo es um das siebente Jahr in einem Weinstock geht: „Für das Land soll es ein Jahr der Sabbatruhe sein.“

Regionale Informationen für Mecklenburg, Pommern, Lübeck-Lauenburg und Nordfriesland – sowie Adressen rund ums „Kirchenland verpachten“ bietet die Seite. In der Rubrik „Aktiv werden“ auch eine Landkarte mit Praxisbeispielen, die Maßnahmen engagierter Gemeinden zeigen.

Menkhaus reist derzeit durch die Nordkirche, um die Seite bekannt zu machen, zu beraten und zu vermitteln. „Es gibt schon eine Menge Lösungen, Ideen und gute Beispiele“, sagt er. Den Vorreiter in Sachen Humusaufbau zum Beispiel: Polder Kieve. Die Kirchengemeinde Kieve-Wreden­hagen in der Mecklenburgischen Seenplatte hat 54,5 Hektar Kirchenland eines Moores wiedervernässt. Kohlendioxid wurde so gebunden, die Treibhausgasemission reduziert.

Landwirte kritisieren Portal

Die Gemeinde verkaufte „MoorFutures“, Kohlenstoffzertifikate: je eines für die Vermeidung von einer Tonne CO₂. Damit werden MoorFutures-Projekte finanziert. Der Polder Kieve war 2018 das erste „MoorFutures“-Projekt weltweit. Schnell waren alle Zertifikate ausverkauft: 14.325 „MoorFutures“, somit 14.325 Tonnen Kohlendioxid stillgelegt.

Es gab viele Reaktionen auf die Seite, sagt Menkhaus. Positive meist. „In Pommern war ich gerade bei Kirchengemeinden, die etwas ändern wollen.“ Doch auch Kritik hört er. Einige Landwirte empfänden das Portal als bevormundend, jetzt versuche auch die Kirche noch, Ratschläge zu geben. Ziel sei aber, auch mit konventionellen Landwirten gut zusammen zu arbeiten, sagt Menkhaus. „Wir wollen ein Angebot schaffen, um an einem Strang zu ziehen.“

Begonnen hatte alles bei der Greifswalder Succow-Stiftung. Sie nahm 2013 das Gespräch mit Kirchengemeinden in der Stadt auf. In der „Greifswalder Agrarinitiative“ prüften die großen Landeigentümer Universität, Stadt und Kirche, ob und wie sie im Dialog mit Pächtern nachhaltiger gestalten könnten. Der Erfolg war allerdings dürftig, fand Stiftungsgründer und Träger des alternativen Nobelpreises, Michael Succow: Die geplanten Pachtkriterien für städtische Agrarflächen gingen ihm nicht weit genug – die Stiftung zog sich 2018 enttäuscht aus dem Projekt zurück.

Was die Landesbischöfin zum Portal sagt

„Ich freue mich, dass die gesammelten Erfahrungen nun über Greifswald hinaus Interessierten zur Verfügung stehen“, sagt Thomas Beil von der Geschäftsführung Stiftung über das Portal. Denn es gehe nur zusammen. Die Seite ist darum ein Gemeinschaftswerk: Die Succow-Stiftung unterstützte das Bundesamt für Naturschutz (BfN). Nun wird das Infoportal von der Nordkirche weiter betreut, durch Jan Menkhaus vom KDA.

Die Bewahrung der Schöpfung ist Christenpflicht, meint Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt. Die Nordkirche trage mit ihren Nutzflächen „eine bedeutende Verantwortung für den Erhalt der agrarisch geprägten Biodiversität“, sagte sie zum Start der Seite. „Hier wird unser Auftrag ganz konkret.“