Honeckers Kirchenasyl wird zum Film

Zehn Wochen lang gewährte Pastor Uwe Holmer dem gestürzten DDR-Staatschef und seiner Frau im Frühjahr 1990 Kirchenasyl – Tischgebete inklusive. Daraus macht das ZDF jetzt einen Film, zu dem der Theologe eine ganz eigene Meinung hat.

Drehstart für „Honecker und der Pastor“ (v.l.): Margot Honecker (Barbara Schnitzler), Erich Honecker (Edgar Selge), Jan Josef Liefers (Regisseur/Produzent), Uwe Holmer (Hans-Uwe Bauer) und Sigrid Holmer (Steffi Kühnert)
Drehstart für „Honecker und der Pastor“ (v.l.): Margot Honecker (Barbara Schnitzler), Erich Honecker (Edgar Selge), Jan Josef Liefers (Regisseur/Produzent), Uwe Holmer (Hans-Uwe Bauer) und Sigrid Holmer (Steffi Kühnert)Conny Klein / ZDF

Krakow am See/Potsdam. Zehn Wochen im Jahr 1990 haben den evangelischen Pastor Uwe Holmer berühmt gemacht – und ihm eine Menge Anfeindungen und Hass eingebracht. Als er am 30. Januar 1990 Erich und Margot Honecker in sein Pfarrhaus in Lobetal bei Berlin aufnahm und ihnen bis zum 3. April Kirchenasyl gewährte, folgten Demonstrationen, Bombendrohungen und etwa 3.000 zumeist empörte Briefe. Ängstlich sei er deshalb aber nicht gewesen, erinnert sich der evangelische Theologe, der inzwischen 92 Jahre alt ist. Er habe getan, was sein Gewissen und sein Glaube ihm vorschreiben.

Nun wird das Kirchenasyl der Honeckers zum Film, die Dreharbeiten haben vor wenigen Tagen begonnen. Regie führt Jan Josef Liefers. Doch am historischen Zufluchtsort der Honeckers in Lobetal soll nicht gedreht werden. Das Pfarrhaus wurde stattdessen in den Babelsberger Studios nachgebaut. Erich Honecker wird von Edgar Selge gespielt, Pastor Uwe Holmer von Hans-Uwe Bauer, seine Frau Sigrid von Steffi Kühnert. Wann der Film ausgestrahlt wird, steht noch nicht fest.

Chance auf Vergebung

In der Verfilmung sieht Uwe Holmer auch eine Chance, dass Themen wie Vergebung und Versöhnung noch einmal aufgegriffen werden. „Es wird heute so viel gestritten und gezankt, dass das Wir-Gefühl unseres Volkes, das Miteinander, ja die Regierungsfähigkeit darunter leiden.“ Zu dem Streifen hat der Pastor eine ganz eigene Meinung: Dass in dem Film auch seine eigene Person in Erscheinung tritt, sei wohl nicht zu ändern, sagt Uwe Holmer. Er wisse aber die Sache bei Regisseur Jan Josef Liefers in guten Händen.

Der echte Uwe Holmer im Februar 1990 vor seinem Wohnhaus in Lobetal, wo zu dem Zeitpunkt die Honeckers Unterschlupf fanden
Der echte Uwe Holmer im Februar 1990 vor seinem Wohnhaus in Lobetal, wo zu dem Zeitpunkt die Honeckers Unterschlupf fandenXPress / epd

Uwe Holmer leitete damals die Hoffnungstaler Anstalten in Lobetal, die 1905 als Arbeiterkolonie für obdachlose Berliner gegründet worden waren. Der gestürzte DDR-Staats- und SED-Parteichef, der das Wohnrecht in der Funktionärssiedlung Wandlitz verloren hatte und dem damals Hochverrat vorgeworfen wurde, sei so ein obdachloser Berliner gewesen, sagt Holmer, der seit vielen Jahren im mecklenburgischen Serrahn bei Krakow am See lebt.

Der pensionierte Theologe steht auch heute zu dem, was er damals tat: „Ich sehe je länger desto deutlicher, dass die Welt ohne Vergebung kaputt geht und dass die, die Gottes Vergebung erfahren haben, die ersten sein sollen, die Vergebung weitergeben.“ Dabei verschweigt er nicht die Brisanz, die Honeckers Aufnahme im Pfarrhaus hatte. Dass der Spitzenpolitiker des atheistisch geprägten Staats „bei der Kirche anklopfte“, sei ohne Zweifel demütigend gewesen. Doch habe er darüber mehr Mitleid empfunden als Triumph.

Wie die DDR Kritik bestrafte

Uwe Holmer ist in einer gläubigen, christlichen Familie in Wismar aufgewachsen und hatte in der DDR einiges wegzustecken. Als junger Pastor in Leussow bei Ludwigslust hatte er seinen Unmut über die Zwangskollektivierung in der Landwirtschaft deutlich zum Ausdruck gebracht. Daraufhin durften ihn seine Eltern und Geschwister aus Westdeutschland ein Jahr lang nicht besuchen. Später bekamen auch seine Kinder den Druck zu spüren. Neun seiner zehn Kinder durften nicht zur Oberschule gehen – trotz guter Zensuren.

„Doch Versöhnung ist mir wichtiger als Vergeltung“, sagt Uwe Holmer. Nach wie vor wolle er Menschen ermutigen, „in die Nachfolge Jesu zu treten“. Deshalb habe er auch bis ins hohe Alter von 89 Jahren noch gepredigt. Inzwischen habe er fast keine Kraft mehr und bereite sich darauf vor, „dass sein Schöpfer ihn bald nach Hause holt und dort seinem Leben Sinn und Vollendung gibt“.

Weihnachtspost für Margot Honecker

Honecker gegenüber habe er aus seinem christlichen Glauben keinen Hehl gemacht, erinnert er sich. Bei den gemeinsamen Mahlzeiten wurden Tischgebete gesprochen. Er besuchte ihn später im Berliner Gefängnis Moabit und hielt nach seinem Tod 1994 noch Kontakt zu Margot Honecker – „wenn auch locker“. Sie bekam regelmäßig Post zu Weihnachten und zum Geburtstag. (epd)