Hohe Ansprüche

Über das, was gut und vollkommen ist, schreibt Alexandra C. Teresa Hector. Sie ist Pastorin der Kirchengemeinde Insel Pellworm.

Gottesdienste werden in Südniedersachsen wieder auf Plattdeutsch angeboten.
Gottesdienste werden in Südniedersachsen wieder auf Plattdeutsch angeboten.Václav Mach / Fotolia

Der Predigttext des folgenden Sonntags lautet: „Und passt euch nicht dieser Zeit an. Gebraucht vielmehr euren Verstand in einer neuen Weise und lasst euch dadurch verwandeln. Dann könnt ihr beurteilen, was der Wille Gottes ist.“ aus Römer 12, 1-8

Ein neues Jahr wird oft von Vorsätzen begleitet, von denen viele so überhöht sind, dass sie es nicht über den Januar hinausschaffen. Zudem lösen zu viele gute Vorsätze einen Erfolgsdruck aus, dem wir nicht entsprechen können. Zurück bleibt ein schlechtes Gewissen. Kein gutes Gepäck für ein neues Jahr.

Warum sind Menschen immer wieder so unbarmherzig zu sich selbst? Neben unseren hohen Ansprüchen sind es auch die, die unsere Heilige Schrift an uns richtet und deren Botschaften in uns wirken. Manche suggerieren uns, dass wir nicht reichen. Daneben strahlt aus den heiligen Texten etwas, das auf ein wahrhaftiges Leben und den liebevollen Blick auf uns selbst hinweist.

Der Predigttext ist so ein Hinweis und lädt uns ein, sich verwandeln zu lassen, damit wir sehen, was gut und vollkommen ist. Verwandeln lassen heißt für mich: Die Kraft Gottes in mir hilft mir, wirklich anwesend zu sein, weil Gott gegenwärtig ist, so heißt es im 2. Buch Mose 3, 14. Ich bekomme dann einen klaren Blick.

Was bedeutet Vollkommenheit?

Mir gefällt, dass Paulus schreibt, dann wir könnten sehen, was vollkommen ist. Ich habe inzwischen einen neuen Zugang zu dem Wort Vollkommenheit bekommen: Vollkommen war für mich immer etwas, das makellos und gut ist. Doch weder wir noch das Leben sind so. Alles hat immer zwei Seiten. Daher kam mir die Idee, dass etwas vollkommen ist, wenn die Fülle darin vorkommt, also alles, was ist. Nur wenn ich zulasse, dass die Fülle in mir vorkommt, dann habe ich einen ehrlichen Blick auf mich und kann entscheiden, was davon wachsen soll.

Ich kann Gott bitten, mir Kraft zu schenken, das mit der Zeit in mir groß werden zu lassen, was dem Leben dient. Dann führt mich die Vollkommenheit in die Weite und hilft mir, den Weg der Wahrhaftigkeit zu gehen. Das macht mich frei von den guten Vorsätzen, weil ich geerdet bin.

Unsere Autorin
Alexandra C. Teresa Hector ist Pastorin der Kirchengemeinde Insel Pellworm.

Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Dienstag.