Hoffnung auf „Wüstenwegen“

Mit „Wüstenwege“ haben die Gemeinden in Emden und das dortige Ostfriesische Landesmuseum ihre Passionsandachten betitelt. Neben dem Leidensweg Jesu und dem entbehrungsreichen Auszug Israels aus Ägypten klingen darin auch die Folgen der Corona-Pandemie an.

Die Kunst hält die Entbehrungen der Wüste fest, aber auch die Hoffnung, wie bei diesem Bild von Johan Vorhagen: „Mose schlägt Wasser aus dem Felsen“ von 1577
Die Kunst hält die Entbehrungen der Wüste fest, aber auch die Hoffnung, wie bei diesem Bild von Johan Vorhagen: „Mose schlägt Wasser aus dem Felsen“ von 1577Ostfriesisches Landesmuseum Emden/Foto: Gwendolin Schwarz

Emden. Die Wüste mit ihren Entbehrungen ist immer schon Sinnbild des Glaubens gewesen. „Es ist nicht von ungefähr, dass unser Glauben an den einen Gott so stark mit der Wüstenerfahrung seines Volkes und wohl auch mit der Wüstenerfahrung des je eigenen Glaubens zu tun hat“, sagt Detlef Klahr, Regionalbischof im Sprengel Ostfriesland. Im Blick hat der Theologe vor allem die gegenwärtigen „Wüstenwege“, auf die Menschen infolge der Folgen der Corona-Pandemie geraten. „Einsamkeit und Isolierung, Angst und Ausgegrenztsein spielen dabei eine große Rolle. Wir werden das in die Passionsandachten in diesem Jahr mit eintragen“, so Klahr.

In schweren Zeiten wachse die Sehnsucht nach Gottes Hilfe, sagt Klahr. „In der Wüste unseres Lebens wird Gottes eigenes Leiden zum letzten Widerstand gegen die Not und den Tod.“ Doch wie ist dieser Funken Hoffnung erfahrbar zu machen?

Neue Perspektive

Die Passionsandachten in Emden sollen eine neue Perspektive ermöglichen. Denn seit 13 Jahren begehen die Gemeinden in Emden und das Ostfriesische Landesmuseum die Passionszeit im Dialog miteinander. „In der Kunst gibt es eine starke Resonanz auf die Leidensgeschichte Jesu“, sagt Klahr, auf dessen Initiative die Zusammenarbeit von Kunst und Kirche zurückgeht. In allen Epochen hätten Künstler versucht, die Leidensgeschichte auf ihre Weise auszudrücken. „Für mich ist das ein großer Schatz. Diese Deutungen der Kunst und der Bibel helfen uns vielleicht, unsere Erfahrungen neu zu sehen oder sie heilend zu erinnern.“

Regionalbischof Dr. Detlef Klahr (r.) bereitete gemeinsam mit Dr. Annette Kanzenbach und Pastor Christoph Jebens die Passionsandachten für das Jahr 2020 vor
Regionalbischof Dr. Detlef Klahr (r.) bereitete gemeinsam mit Dr. Annette Kanzenbach und Pastor Christoph Jebens die Passionsandachten für das Jahr 2020 vorHannegret Grundmann

In diesem Jahr stehen Bilder aus verschiedenen Epochen und Kunststilen im Mittelpunkt, die Aspekte des Themas „Wüste“ beinhalten. Unter anderem Johan Vorhagens Bild „Mose schlägt Wasser aus dem Felsen“ aus dem Jahr 1577. Die Auseinandersetzung mit der Kunst könne Mut machen, ist Klahr überzeugt. „Die Kunstwerke zeigen die Erfahrung von Menschen, die vor uns gelebt und geglaubt haben, und ihre Probleme, die sie zu bewältigen hatten.“ Klahrs Hoffnung: „Im Dialog finden wir eigene, neue Wege und Weisen, unseren Glauben auszudrücken und zu gestalten.“ Wie die Bibel bewahre auch die Kunst Deutungen des Glaubens und des Lebens. „Diese Bewegung der Kunst geht über Grenzen und Zeiten hinweg. Das finde ich so großartig.“

Dass sich Kunst und Bibel gegenseitig bereichern, meint nicht nur der Regionalbischof. Die Reihe, in der jeweils ein Kunsthistoriker und ein Theologe ein Bild deuten, findet seit Jahren große Zustimmung. In diesem Jahr sind Sarah Byl, Ilse Frerichs, Annette Kanzenbach, Georg Kö und Evelina Peuser-Broeker vom Landesmuseum sowie Superintendentin Christa Olearius, Pastorin Vera Koch, Pastor Christoph Jebens, Pastorin Ina Schulz und Regionalbischof Klahr beteiligt, der die Reihe eröffnet und beschließt.

Gott bleibt nahe

Im vergangenen Jahr, als die Corona-Pandemie ihre Schatten vorauswarf, lautete der ahnungsvolle Titel: „Wenn Bilder trösten“. Nach den ersten drei Passionsandachten im Landesmuseum mussten die restlichen drei Zusammenkünfte abgesagt werden. Denn ab dem 17. März waren alle Veranstaltungen und Versammlungen in Niedersachsen wegen der Pandemie zunächst untersagt. In diesem Jahr finden die Andachten in der Martin-Luther-Kirche in Emden statt. Hier finden trotz der Hygiene-Maßnahmen immerhin noch 150 Menschen Platz.

Wüstenwege blieben den Menschen nicht erspart, sagt der Regionalbischof. „Aber ich kenne auch die Erfahrung, dass Gott in solchen Wüstenzeiten nahe bleibt. Ein Zeichen von ihm, ein Wort, ein Hinweis, ein Gedanke, und es wandelt sich die Wüste zum Weg, der ein Ziel kennt.“

Info
Die Passionsandachten beginnen Aschermittwoch, 17. Februar, und finden sechs Wochen lang jeweils mittwochs um 18.15 Uhr in der Kulturkirche Martin-Luther in Emden, Bollwerkstraße 9, statt.