Hier wird Kirche mit Theater verknüpft

Mit E.T.A. Hoffmanns „Goldnen Topf“ ist die „TheaterKirche“ wieder angelaufen. Nach langer Corona-Pause wird das Stücke in den Kirchen von Wilhelmshaven aufgeführt.

Die Schauspieler Mona Georgia Müller und Jan-Eric Meier bei einer Szene der TheaterKirche zum „Goldnen Topf“.
Die Schauspieler Mona Georgia Müller und Jan-Eric Meier bei einer Szene der TheaterKirche zum „Goldnen Topf“.epd/Jens Rehder

Wilhelmshaven. Theater, Takte und Theologie: In besonderer Form setzt die „TheaterKirche Wilhelmshaven“ seit 2010 dramatische Stücke in kirchlichem Rahmen um. In einer Kooperation der Landesbühne Niedersachsen Nord, der Christus- und Garnisonskirche und der Heppenser Kirche in Wilhelmshaven werden Stücke, die auf dem aktuellen Spielplan stehen, in der Kirche neu interpretiert. „Nach endloser Pause“ hat Anfang Oktober die erste TheaterKirche rund 45 Besucher in die Zentrumskirche der Stadt am Jadebusen gezogen. Endlos erschien die Pause einem der Initiatoren – Pastor Frank Morgenstern.

Mit anderen hat er vor mehr als zehn Jahren das Format entwickelt, das in 35 bis 45 Minuten Musik und Theologie mit den Theatertexten verbindet. Das Ensemble des Wilhelmshavener Theaters präsentiert dabei ohne Kostüm und Requisite einzelne Szenen aus den aktuellen Stücken und bespielt dabei die ganze Kirche.

Acht Stücke stehen bis zum Mai 2022 auf dem Programm

Ergänzt werden die Texte mit Erläuterungen der Dramaturgen und mit Musik. Und begleitet werden sie von theologischen Impulsen. „Ich bin ein totaler Fan davon, unterschiedliche Zugänge zu suchen“, sagt Morgenstern. Das „TheaterKirchen“-Team wählt die Stücke aus. Als Grundlage dient ihnen dabei die sogenannte Strichfassung, also der reine Text. „Dann besuchen wir die Hauptprobe 2“, erklärt der Pastor. Anschließend findet ein Treffen mit der Dramaturgie statt und gemeinsam wird die jeweilige Aufführung in der Kirche geplant.

Beim ersten Termin nach so langer Corona-Pause stand jetzt das phantastisch-mystische Märchen „Der goldne Topf“ von E.T.A. Hoffmann im Mittelpunkt. „Ein schweres Stück“, wie Morgenstern sagt. Das Stück begleitet Anselmus auf seiner fantastischen Reise in das Reich der Magie und Poesie.

Und diese Reise verändert seine Sicht auf die reale Welt. So wurde die „TheaterKirche“ von vielen Fragen geleitet: Wie bekomme ich in meinem Leben einen lebendigen Zugang zur Welt? Bin ich verrückt, wenn ich denke, dass es mehr im Leben geben muss als Zahlen und Fakten? Wo ist Raum für Natur, Kunst und Religion in meinem Leben? Was ist meine Sehnsucht?

Lebens- und Glaubensfragen stellen

Natascha Faull, Pastorin der Wilhelmshavener Nordgemeinden, ist neu im Team. Für sie war es die erste „TheaterKirche“, die sie mitgestaltet hat. Sie verband die Texte von Hoffmann mit der Resonanztheorie des Soziologen Hartmut Rosa: „Es geht darum, dass man seinen Sehnsuchtsort findet und dass man etwas lebt, das einen erfüllt.“ Der moderne Mensch werde von Begegnungen mit anderen, von der Natur, von Religion, von Kunst und Musik berührt und warte darauf , dass er etwas zurückbekommt. Organist Florian Bargen fand einen ganz eigenen Weg zwischen den Jahrhunderten und schlug eine Brücke von der Romantik zur heutigen Zeit. Er stellte Musik von Schumann, Abba und den Beatles neben Eigenkompositionen.

Für Chefdramaturgin Kerstin Car ist das Format sehr reizvoll. Das Besondere sei, dass das Stück aus anderen Perspektiven beleuchtet und aus der theologischen Sicht betrachtet werde. Diese sei aber „so weit offen, dass es immer zu einer gesellschaftlichen Hinterfragung“ komme. So würden soziale Fragen ebenso wie gesellschaftliche, künstlerische und ästhetische Fragen berührt: „Es ist eine wunderbare Kooperation, die zudem über die Kirche andere Zuschauer erreicht“, so Car.

Einige Besucher lassen sich von der „TheaterKirche“ für den Besuch im Theater einstimmen, andere gehen nach der Aufführung der Landesbühne in die „TheaterKirche“ und sehen das Stück noch einmal ganz neu. Interessant ist so der Perspektivwechsel auf jeden Fall für alle – für das Organisationsteam, die Schauspieler und Dramaturgen ebenso wie für die Musiker und Theologen.

Info Spielplan

2021
14. November, 18 Uhr, Heppenser Kirche: „Die Zertrennlichen“, für Jugendliche
21. November, 15 Uhr: „Tot sind wir nicht“
26. November, 9 Uhr, Heppenser Kirche, 10.30 Uhr Christus- und Garnisonkirche: „Der Grolltroll“, für Kinder ab drei Jahren

2022
30. Januar, 18 Uhr: Nachts (bevor die Sonne aufgeht)
27. Februar, 18 Uhr, Anatevka
27. März, 18 Uhr, Jedermann
22. Mai, 16 und 18 Uhr, Wandergarten Heppenser Kirche: Die besten Beerdigungen der Welt

Der Eintritt zu allen „Theater-Kirchen“-Vorstellungen ist frei. Wenn nicht anders angegeben finden die Aufführungen der TheaterKirche in der Christus- und Garnisonkirche in Wilhelmshaven statt.