Hier wird die Post mit Gottes Segen verschickt

Eine Gemeinde in Kiel geht neue Wege: Unterm Kirchturm hat sie einen Paketshop eröffnet. Die Anwohner sind begeistert, die Post freut sich über „Gottes Segen“.

Im Paketshop (v.l.) Elisabeth Mastalir, Siegfried Neumann, Brigitta Schneider, Schwester Maria Magdalena und Schwester Dietmara
Im Paketshop (v.l.) Elisabeth Mastalir, Siegfried Neumann, Brigitta Schneider, Schwester Maria Magdalena und Schwester DietmaraThorge Rühmann

Kiel. Sie liegt an einer viel befahrenen Bundesstraße, die rote Ziegelsteinfassade des modernen Baus fügt sich nahtlos in die Umgebung ein: Die katholische Liebfrauen-Kirche im Kieler Stadtteil Hassee ist eher unscheinbar. Nur ein kleines Schild auf dem Bürgersteig weist darauf hin, dass es dort etwas Besonderes gibt: „DHL Paketshop und Café unterm Kirchturm“ ist zu lesen, und zwar auf postgelbem Hintergrund. Und dazu der Satz: „Seien Sie herzlich willkommen.“
Nach Angaben der Deutschen Post ist die Annahmestelle bislang die einzige in Norddeutschland, die unter dem Dach einer Kirchengemeinde betrieben wird. Am Standort habe man großes Interesse gehabt, um die Menschen „wohnortnah zu versorgen“, so Sprecher Martin Grundler. „Und wenn es um das Versenden von Paketen geht, kann Gottes Segen ja nicht schaden.“
Eine Gruppe von Ehrenamtlichen hat in den Räumen der Kirche neben einem Gemeindecafé auch eine Annahmestelle für Briefe und Pakete eröffnet. Man wolle Begegnungsmöglichkeiten schaffen und zugleich für die Menschen im Stadtteil da sein, sagt Schwester Maria Magdalena von den dort ansässigen Mauritzer Franziskanerinnen, die die Idee maßgeblich vorangetrieben hatte.

Ehrenamtliche helfen im Paketshop

Zusammen mit dem Ortsbeirat des Stadtteils habe man im vergangenen Jahr die Anwohner nach ihren Bedürfnissen befragt, so Schwester Maria Magdalena. Weil die Post im Stadtteil schon vor vielen Jahren geschlossen habe und Bäckereien und Gastronomie auch zunehmend verschwinden würden, sei immer wieder der Wunsch nach einem Café und einem Paketshop geäußert worden. „Da haben wir als Kirchengemeinde gesagt: Das können wir.“ Auch im benachbarten geistlichen Zentrum „Haus Damiano“ mache man bereits „niederschwellige Angebote“ wie Segensgottesdienste oder einfache Meditationen.
Hinter dem Tresen im Paketshop wird derweil der Betrieb aufgenommen. Noch gibt es Startschwierigkeiten mit dem Scanner, aber die ersten Pakete sind bereits abgeliefert und erfasst. Die pensionierte Lehrerin Brigitta Schneider ist eine von den insgesamt knapp 30 Ehrenamtlichen, die künftig regelmäßig Kaffee ausschenken oder Versandstücke annehmen werden. Zunächst ist an drei Nachmittagen in der Woche geöffnet. „Ich finde es super, dass die Kirche ihren Blick weitet“, sagt die 76-Jährige. Früher, in den 60er-Jahren, sei alles noch so engstirnig gewesen, das könne sich heute niemand mehr erlauben.

"Besser als die Filiale bei Edeka"

So zögerte die langjährige Chorsängerin und Kommunionhelferin nicht lange, als Mitarbeiter für das neue Angebot gesucht wurden. „Es ist unsere Aufgabe als Kirche, den Menschen Gutes zu tun.“ Besonders überrascht ist Brigitta Schneider, dass sich auch viele Helfer meldeten, die der Gemeinde bislang noch nicht nahestanden.
Zum Beispiel der 65-jährige Norbert Blunck, ebenfalls ehemals Lehrer. Über seine Frau lernte der Protestant das „Haus Damiano“ und die Angebote der Kirchengemeinde kennen. Das Konzept des Paketshops habe ihn überzeugt: „Ich finde die Annahmestelle in der Gemeinde sehr viel persönlicher als die Post-Filiale im großen Edeka-Markt.“

Umtriebige Schwester in der Gemeinde

Genau darum geht es auch umtriebigen Schwester Maria Magdalena, die in der Gemeinde nur unter dem Namen „Schwester M. M.“ bekannt ist. „Ich würde mich freuen, wenn die Menschen die katholische Kirche als freundliche Nachbarin wahrnehmen, die ein offenes Ohr für sie hat“, sagt sie. Das Konzept, den Menschen lebenspraktische Hilfestellungen zu geben, empfehle sie anderen Gemeinden. „Jeder sollte genau in seinen Stadtteil hineingucken. Manchmal braucht es eine Bibliothek, anderenorts fehlt vielleicht eine Kinderbetreuung.“
Lob für die unkonventionelle Idee gibt es auch vom zuständigen Erzbistum Hamburg, das sich derzeit in einem „Erneuerungsprozess“ befindet: „Das Projekt zeigt, dass die Schwestern sensibel sind für die Zeichen der Zeit“, sagt Sprecher Manfred Nielen. Solche Sensibilität sei notwendig, um neue Wege und Ideen auszuprobieren. (KNA)
Info
Der Paketshop der Katholischen Gemeinde Liebfrauen, Krusenrotter Weg 41 in Kiel, ist dienstags, donnerstags und freitags von 16 bis 19 Uhr geöffnet.