Hamburger Theologe Grünberg gestorben

Die Kirche in der Großstadt war das Thema von Wolfgang Grünberg. Zwei Bischöfe würdigen den verstorbenen Professor.

Wolfgang Grünberg starb mit 76 Jahren
Wolfgang Grünberg starb mit 76 JahrenPrivat

Hamburg. Der Hamburger Theologe Wolfgang Grünberg ist im Alter von 76 Jahren in Hamburg gestorben. Er sei nach schwerer Krankheit kurz nach seinem Geburtstag gestorben, teilte die Universität Hamburg mit. Grünberg war Professor für Praktische Theologie. 28 Jahre lang hatte er die Arbeitsstelle "Kirche und Stadt" geleitet und dieses Amt erst vor einem Jahr abgegeben. Sein Forschungsschwerpunkt war die Kirche in der Großstadt.
Grünberg habe wie kaum ein anderer gesehen, welche Herausforderungen die moderne Großstadt an Theologie und Kirche stellt, sagte Bischöfin Kirsten Fehrs. "Die ‚Sprache der Stadt‘ war sein Thema." Mit seinen Forschungen über die Vielfalt der Religionen, die öffentliche Bedeutung des Kirchenraumes und die sozialen Unterschiede der Stadt habe er eine ganze Generation von Theologen geprägt. Fehrs: "Wir verlieren mit Wolfgang Grünberg einen warmherzigen und geradlinigen Freund, Mentor und Gesprächspartner."
In der Evangelischen Kirche in Deutschland sei Grünberg als Theologe "anerkannt und einflussreich" gewesen, sagte der Hannoversche Bischof Ralf Meister, der in den 90er Jahren an der Hamburger Universität mit Grünberg gearbeitet hatte. Er habe intensive Arbeit im Themenfeld "Kirche und Stadt" geleistet, die in vielen Großstädten Erfolge gezeigt habe.

Religiöse Sehnsucht

Nach den Worten des Fachbereichs Theologie hat Grünberg mit seiner Forschungsarbeit "Pionierarbeit geleistet". Besonders produktiv sei sein interdisziplinäres Arbeiten gewesen. Die wissenschaftlichen Fragen über das Wirken der Kirche in der Stadt habe er gemeinsam mit Architekten, Ethnologen, Kunsthistorikern, Stadtplanern, Politologen und Soziologen bearbeitet. Seine Uni-Arbeitsstelle wird seit Jahresanfang unter dem Namen "Kirche und Gemeinwesen" weitergeführt.
Grünberg trat mit seiner Arbeit vor allem dem Vorurteil entgegen, dass sich die Kirche heute vor allem in ländlichen Regionen entwickelt. Erfolgreich könne die Kirche in der Zukunft nur sein, wenn sie sich in der Großstadt bewährt. "Die religiöse Sehnsucht in der Stadt ist größer denn je", sagte Grünberg zum 25jährigen Bestehen seiner Arbeitsstelle vor vier Jahren. Die Kirche in der Stadt sei mehr als eine Gemeindekirche. Sie müsse ihre Räume öffnen. Dies gelte nicht nur für die Kirchenräume selbst, sondern auch für das Erleben von Gottesdiensten. Grünberg plädierte zudem für gesellschaftspolitisches Engagement: "Stadtteilarbeit und kirchliche Arbeit sind immer zwei Seiten derselben Medaille."
Notwendig für die Entwicklung der Kirche ist aus Grünbergs Sicht nicht nur ein intensiver Dialog mit anderen Religionen, sondern auch mit Vertretern aus Kultur, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Bereits in den 90er Jahren erarbeitete er gemeinsam mit dem heutigen Bischof Meister das Hamburger "Lexikon der Religionsgemeinschaften", in dem er rund 180 christliche, jüdische und muslimische Glaubensgemeinschaften vorstellte. (epd)