Gottes Segen für Frau Below

Jahrzehnte musste sie als Ulf Below leiden, bis vor Kurzem ein inniger Wunsch in Erfüllung ging: Pastorin Marlen Below lebt endlich öffentlich als Frau. Was der 62-Jährigen Kraft gab.

„Transpastorin“ Marlen Below ist nach ihrem Outing erleichtet
„Transpastorin“ Marlen Below ist nach ihrem Outing erleichtetEvangelischer Kirchenfunk Niedersachsen

Salzgitter. „Guten Tag, Frau Below“ ist einer der Sätze, die Marlen Below am liebsten hört. Vor allem das ganz einfache Wort „Frau“ darin macht sie glücklich. Denn Marlen Below ist als Mann geboren.

Ihr Leidensweg begann, als Marlen Below ungefähr fünf Jahre alt war. Damals spürte sie als Ulf, dass sie ein Mädchen sein wollte. Gleichzeitig wusste sie, dass sie so etwas nicht aussprechen durfte. „Mir wurde deutlich gemacht, dass dieser Wunsch ein absolutes No-Go ist. Als Junge ein Mädchen sein zu wollen, das galt als verkehrt, als verdorben“, , erzählt die heute 62-jährige Pastorin. Es begannen schwere Jahre, in denen Marlen Below ihre Sehnsucht tief in sich verbergen musste. Sie trug schwer an dem Gefühl, dass mit ihr etwas falsch sei, und verurteilte sich zum Schweigen. Auch, als sie sich Jahre später entschied, ins Pfarramt zu gehen. „Ich hatte Sorge, ich komme sonst nicht ins Pfarramt.“

Düstere Momente

Doch sie zahlte einen hohen Preis: Es gab viele düstere Momente, mitunter plagten sie Selbstmord­gedanken, erzählt Below. Heimlich trug sie mitunter Frauenkleider, schminkte sich. Doch sie schwieg. Nicht einmal ihrer Frau, ebenfalls Pastorin, erzählte sie davon. „Es schmerzt so sehr, wenn man die Menschen belügt, die man so sehr liebt.“ Verständnis fand Below einzig im Gebet. „Gott hat mich bedingungslos angenommen hat“, erzählt die Geistliche. „Er hat mir mit seiner Liebe geholfen durchzuhalten“, so Below weiter.

Vor fünf Jahren wurde Marlen Below schließlich krank und musste psychosomatisch behandelt werden. Das Versteckspiel war wohl nur ein Grund. „Ich musste immer 150 Prozent geben, um das Gefühl zu haben, anerkannt zu werden“, sagt Below. Mit einem Therapeuten konnte sie dann erstmals reden.

Vor zwei Jahren outete sich Marlen Below schließlich – ein schwerer Schritt, denn sie konnte nicht ahnen, wie ihre Frau, ihre Kinder und ihre Mutter reagieren würden. In der Zwischenzeit hatte sie angefangen, Hormone zu nehmen, und ihr Äußeres veränderte sich. Doch die Familie stand zu ihr: „Meine Frau und ich lieben uns. Wir sind ein Paar. Und meine Mutter sagte, jetzt habe sie drei Töchter“, erzählt Marlen Below überglücklich. Nach und nach weihte die „Transpastorin“, wie sie in den Medien genannt wurde, Freunde und Bekannte sowie ihren Arbeitgeber, die Landeskirche in Braunschweig, und nicht zuletzt auch die Menschen in ihrer Kirchengemeinde in Salzgitter ein. „Alle haben sehr freundlich reagiert“, sagt Below.

Brief an Konfis ging viral

Auch ihren 60 Konfirmanden schrieb sie. „Der Brief ging viral. Bald wussten alle davon.“ Doch daraufhin erhielt sie nur positive Reaktionen, sagt Below, die sich mittlerweile auch weiblicher kleidete. Bei Spaziergängen mit ihrem Hund blieben Menschen stehen und beglückwünschten sie zu dem mutigen Schritt. Auch die Motorradfahrer-Gemeinde hielt zu ihrer Seelsorgerin: „Wer dich als Marlen nicht akzeptiert, hat bei uns nichts zu suchen“, hätten sie gesagt.

Mit einem derart klaren Bekenntnis hatte Marlen Below nicht gerechnet. „Unterm Strich sind Kirche und Gemeinde enorm aufgeschlossen, tolerant und weltoffen“, betont Below. Bei Tauf- und Traugesprächen ist es selbstverständlich: „Da heißt es dann, da kommt Frau Below.“ Sogar mehr Seelsorgeanfragen hat die Pastorin. „Ich habe etwas gezeigt von mir, mich angreifbar gemacht. Das senkt die Schwelle.“

Marlen Below ermutigt andere Menschen zu diesem Schritt, die ähnlich fühlen. „Das Thema ist jetzt in der Gesellschaft dran.“ Einzig über die bürokratischen Hürden klagt sie. „Ich bin ziemlich beschäftigt, alle meine Ausweise zu ändern.“