Gottes Herrlichkeit

Über Erntedank schreibt Meike Müller-Bilgenroth. Sie ist Pastorin der Kirchengemeinde Munster (Niedersachsen).

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Der Predigttext des kommenden Sonntags lautet: „Deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des Herrn wird deinen Zug beschließen.“ aus Jesaja 58, 7-12

Emporgehoben krönt sie den reich geschmückten Altarraum, liebevoll gebunden mit dem, was die Erde hervorbringt an Getreide, an Gerste, Roggen, Weizen und Hafer: die Erntekrone! Sie gibt dem Erntedankfest eine festliche Note, die besonders im ländlichen Raum nicht fehlen darf – gehört sie dort doch zur Tradition.

An Erntedank werden wir uns bewusst, was wir zum Leben brauchen, was uns satt macht, wie kostbar und wie wenig selbstverständlich die Ernte ist. Wir überlegen auch, wer bedürftig ist und wie wir miteinander umgehen sollen. Der Prophet Jesaja benutzt ein anderes Bild aus der Tradition, nämlich aus dem Brauch eines Festumzuges. Er will damit zeigen, wie der Umgang mit Bedürftigen sein soll: „Deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des Herrn wird deinen Zug beschließen.“ Wenn wir gerecht miteinander umgehen, dann wird der Glanz Gottes hell erleuchten und den krönenden Abschluss bilden. Mit dem Hungrigen das Brot brechen, den Obdachlosen in ein Haus führen und dem Nackten Kleidung geben – deutlich und ohne Umschweife ruft Jesaja zu einem diakonischen, barmherzigen Miteinander auf. Alles andere wäre Heuchelei.

Wer an Gott glaubt, sollte sich von der Gerechtigkeit anführen lassen, damit am Ende die Herrlichkeit Gottes aufleuchten kann. Kirche ohne Diakonie ist undenkbar. Früher linderten die Gemeindeschwestern die schlimmste Not, heute tun es die Mitarbeitenden in den Diakoniestationen und im Diakonischen Werk. In vielen Orten sind auch die Tafeln unter kirchlichem Dach aktiv, um Bedürftigen mit Lebensmitteln durch die Woche zu verhelfen.

Kürzlich wurde in unserer Stadt dem 20. Jahrestag der Munsteraner Tafel gedacht. Woche für Woche sind zahlreiche Ehrenamtliche im Namen der Gerechtigkeit und der Mitmenschlichkeit unterwegs, um Not zu lindern und Arbeitslosen, älteren Menschen mit wenig Rente, Geflüchteten und allen, die in prekären Lebenssituationen stecken, zu helfen. Jesaja bezeichnet diese Engagierten als solche, die Lücken zumauern und Wege ausbessern, dass man da wohnen könne. Sie werden gekrönt mit dem Glanz der Schöpfungskraft allen Lebens.

Unsere Autorin
Meike Müller-Bilgenroth ist Pastorin der Kirchengemeinde Munster (Niedersachsen).

Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Mittwoch.