Gottes Gnade

Über umweltfreundliches Einkaufen und regelmäßiges Spenden schreibt Sandra Golenia. Sie ist Vikarin der Paul-Gerhardt-Kirchengemeinde in Hannover-Badenstedt.

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Der Predigttext des folgenden Sonntags lautet: „Jesus sprach aber zu einigen, die auf sich selbst vertrauten, gerecht zu sein, und die anderen verachteten, dieses Gleichnis …“ aus Lukas 18, 9-14

Gehen zwei Menschen zum Tempel und beten – einer Pharisäer, der andere Zöllner. So weit, so klassisch ist das Setting des Gleichnisses, das Jesus erzählt. Die Pointe lässt sich ahnen: Der Zöllner wird dabei am Ende besser wegkommen als der Pharisäer. Dabei kann ich Letzteren wirklich gut verstehen: Er versucht, alles richtig zu machen. Und das fühlt sich gut an. Auch ich versuche mich regelmäßig daran. Kaufe fair, bio und regional. Fahre Rad für Umwelt und Gesundheit. Spende regelmäßig. Die To-do-Liste der Perfektion ist lang. Doch sie abzuhaken gibt mir ein gutes Gefühl. Die kleine Pharisäerin in mir freut sich. Sie mag es, Regeln und Gesetze zu befolgen. Nicht, um anderen etwas vorzumachen. Sondern um das Richtige zu tun – in den Augen der anderen und in den Augen Gottes. So wie die Pharisäer. Das gibt Sicherheit und ein ruhiges Gewissen. Wenn ich alles richtig mache, kann doch nichts schiefgehen. Kommen mir doch mal Zweifel – dann sind da ja noch „die anderen“, die das alles nicht so gut hinbekommen wie ich.

Ob es dem Pharisäer auch so ging? „Danke Gott, dass ich nicht so bin wie die anderen Menschen“, betet er und präsentiert ihm dann seine Wohltaten.

Ob auch ihn nachts die Panik umtreibt, ob am Ende alles aufgeht? Die To-do-Liste der Perfektion ist unendlich, alles werde ich nie schaffen, an so manchem scheitere ich.

Ob er auch neidisch zum Zöllner blickt? Ganz ohne Verdienste kommt der zum Tempel. „Gott, sei mir Sünder gnädig“, sagt er nur, den Blick gesenkt. Und ihm bist du gnädig, Gott? Soll ich mir an dem etwa ein Beispiel nehmen?

„Ach mein Kind“, vernehme ich da Gott. „Ich sehe dich und deine Taten doch. Und ich freue mich daran. Aber wie wäre es, wenn du aufhörst, mich, dich und andere damit beeindrucken zu wollen? Du brauchst dich nicht größer zu machen und andere klein – im Gegenteil. Ich sehe auch deine Fehler. Aber ich hab dich trotzdem lieb. Auch wenn du ganz klein bist. Deine Anstrengung ist gut. Doch meine Gnade reicht. Darauf kannst du dich verlassen.“

Unsere Autorin
Sandra Golenia ist Vikarin der Paul-Gerhardt-Kirchengemeinde Hannover-Badenstedt.

Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Mittwoch.