Glücklich mit kleinen Schritten

In der Integrationswerkstatt Café International wird über „No-Gos“ und alltägliche Situationen gesprochen. Ein Ziel ist es, den Kontakt zwischen Flüchtlingen und Deutschen zu vertiefen.

Im Café International kümmern sich Engeline Kramer (l.) und Joyce Simmerling mit vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern um Geflüchtete und leisten so einen Beitrag zur Integrationsarbeit.
Im Café International kümmern sich Engeline Kramer (l.) und Joyce Simmerling mit vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern um Geflüchtete und leisten so einen Beitrag zur Integrationsarbeit.Käthe Dübbel

Leer. „In unser Café kommt häufiger eine alte Dame mit Rollator. Sie trinkt Kaffee und unterhält sich mit Geflüchteten“, erzählt Engeline Kramer, Leiterin des Café International in Leer. Als einer der ehrenamtlich arbeitenden Flüchtlinge der Frau einen Kaffee, zwei Muffins und einige Kekse brachte, erklärte Kramer ihm, dass es immer nur einen Keks zum Kaffee gebe. „Er schaute mich an und sagte: ‚Ich glaube diese alte Frau hat Hunger‘.“

Diese Geschichte führt Kramer als Beispiel für das miteinander Leben und voneinander Lernen an, das die Atmosphäre im Café International prägt. „In diesem Augenblick habe ich selbst viel gelernt“, sagt Kramer. Im Café International kommen Männer und Frauen aus dem Landkreis zusammen. Manche radeln mit dem Fahrrad bis zu 20 Kilometer in die Mühlenstraße in Leer. Seit mehr als vier Jahren ist das Café, das sich in Trägerschaft des Kirchenkreises befindet, eine Anlaufstelle für Geflüchtete – und es werden mehr.

Kulturunterschiede und Alltagsfragen

Viele der Flüchtlinge würden sich sehr um Integration bemühen, sagt Kramer. Sie besuchen Sprachkurse, einige haben Arbeit gefunden. Ein Problem sei aber der mangelnde Kontakt zu Deutschen. Hier setzen das Café und die Integrationswerkstatt an, die in diesem Jahr nach dem Ramadan erstmals stattfand und zurzeit immer freitags von 10 bis 14 Uhr geöffnet ist. Das Angebot ist niedrigschwellig. Die Gesprächsrunde soll „munter und ungezwungen sein“, so Kramer. Sie selbst wollten nicht belehren oder erklären. Teilnehmer sind Afghanen, Syrer, Iraker, Eritreer, Ivorer, Somalier und Sudanesen. Gesprochen wird auf Deutsch und zur Not wird übersetzt.

Zu Beginn ging es um die so genannten­ „No-Gos“, also Verhaltensweisen, die man vermeiden sollte. Dies werde an einfachen Situationen deutlich. So sei in vielen Ländern der Lärmpegel anders als in Deutschland. Hier stellt man Fernseher oder Radio aus, wenn Besuch kommt. In vielen Kulturkreisen würden die Geräte angestellt, um dem Gast etwas zu bieten. Auch die Unterhaltung in anderen Ländern sei in der Regel lauter als in Deutschland.

Werkstatt schlägt Themen selbst vor

So gehe es um Fragen der Kindererziehung und der Geschlechterrollen. Gesprochen wird über Kindergarten und Schulen, darüber, was Kinder brauchen oder wie Elternabende ablaufen. Weiter geht es um alltägliche Fragen zu Miete, Gesundheitsversorgung, Telefonverträgen oder Versicherungen. Gesprochen wird über Sport und Vereinsleben oder über das Verhalten zu Nachbarn.
Zur Integration gehöre auch der Kontakt zu Deutschen. „Daran hapert es oft“, weiß Kramer. Wenn jemand gut Fußball spiele, sei dies kein Problem. Doch der „Normalo“ habe es schwer, in die deutsche Gesellschaft zu kommen. Vernetzungen des Cafés mit anderen Gruppen gebe es noch nicht, aber „wir sind geduldig“, so Kramer. Einen langen Atem haben die Mitarbeiter ohnehin: „Wir erwarten keine Veränderungen mit einem großen Tempo. Kleine Schritte machen uns schon glücklich“, sagt die Leiterin.

Neben der Werkstatt bietet das Café, das an den Werktagen geöffnet ist, Aktionen an. Beliebt ist das Sommercamp im Juli mit Radtouren, Fußballspielen oder kreativen Aktionen. Seit Herbst 2018 gibt es Arabisch-Unterricht für Grundschulkinder mit rund zehn Teilnehmern.
Das Team des Cafés besteht aus den zwei hauptamtlichen Angestellten im Minijob – Engeline Kramer und Joyce Simmerling – sowie etwa 30 Ehrenamtlichen, darunter Lehrer, Ingenieure, Pastoren oder Sozialarbeiter. Eine Stelle im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes ist derzeit vakant.

Das Café International ist montags bis donnerstags von 10 bis 16 Uhr und freitags von 10 bis 14 Uhr geöffnet.