Gemeinden am Limit

Vakanzen sind mittlerweile nichts Ungewöhnliches in der hannoverschen Landeskirche. Doch in einer Kirchenregion bei Hannover fallen jetzt gleich drei von sieben Pfarrstellen weg. Was tun?

Pastorinnen und Pastoren werden rar. Besonders spürbar wird das, wenn mehrere benachbarte Pfarrstellen vakant sind
Pastorinnen und Pastoren werden rar. Besonders spürbar wird das, wenn mehrere benachbarte Pfarrstellen vakant sindGiulia Iannicelli / epd

Bad Nenndorf/Rinteln. Im August verabschiedet sich Pastor Achim Schultz-Waßmuth von seiner Gemeinde in Bad Nenndorf und geht in den Ruhestand. Was zunächst wie eine Routine-Angelegenheit klingt, könnte sich zu einer harten Belastungsprobe für die Gemeinde auswachsen. Denn mit dem Weggang des 66-jährigen Seelsorgers sind beide Pfarrstellen der größten Kirchengemeinde des Kirchenkreises Grafschaft Schaumburg vakant. Und der Zufall will es, dass auch Pastor Ralf Janßen von der wenige Kilometer entfernten Gemeinde in Rodenberg in den Ruhestand geht. Ebenfalls im August. Dann sind auf einen Schlag gleich drei von sieben Pfarrstellen in der Region Nord unbesetzt.

„Ich hätte nie gedacht, dass die Stellen so schwer zu besetzen sind“, sagt Pastor Schultz-Waßmuth, der knapp zwölf Jahre lang Pastor in der Gemeinde war und erst vor Kurzem seine Kollegin, die Amtsinhaberin auf der zweiten Pfarrstelle, verabschiedet hat. Sie war erst 2019 in die Gemeinde gekommen. „Das ist eine attraktive Gemeinde“, betont der Pastor. Neben einer schönen Kirche und einem riesigen Gemeindehaus biete der Ort viele Vorzüge. Allerdings gebe es kein Pfarrhaus, sondern eine Wohnung.

Nur eine einzige Bewerbung

Vielleicht auch deswegen habe sich auf die Ausschreibung beider Vollzeit-Stellen seit Juli überhaupt nur ein Pastoren-Ehepaar gemeldet, so der Pastor weiter. Er sehe eine „schwierige Zeit“ für die Gemeinde voraus. Denn Pastorennachwuchs sei rar.


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Auf eine möglichst kurze Übergangszeit, bis sich Nachfolger gefunden haben, hofft auch Christian Schefe, Superintendent des Kirchenkreises. „So viele vakante Stellen sind eine Herausforderung für uns.“ Der Theologe hat selbst mit dem Ehepaar telefoniert und für die Stelle geworben. „Für uns ist es schwierig, denn die Bewerber können sich die besten Stellen aussuchen. Wenn etwas nicht stimmt, können sie sich leicht woanders bewerben­.“

Geistliche gehen in Ruhestand

Und es gibt in der Landeskirche Hannovers eine ganze Reihe unbesetzter Stellen, wie die Internetseite www.freie-pfarrstellen.de zeigt. Allein im Sprengel Hannover, zu dem auch Bad Nenndorf und Rodenberg gehören, sind elf Stellen im Juli ausgeschrieben worden. In den übrigen Sprengeln kommen 29 weitere Stellen hinzu. Grund dafür ist vor allem die steigende Zahl der Geistlichen, die in den Ruhestand gehen.

Kein Grund für Panik

Doch trotz der zunehmenden Konkurrenzsituation will Superintendent Schefe die Hoffnung nicht aufgeben. Es gebe keinen Grund, „in Panik“ zu sein. Schließlich seien Sommerferien. „Und es gibt immer wieder Stellen, die plötzlich besetzt sind“, so Schefe. Unterstützung gebe es auch von der Landeskirche.

Die Gemeinde in Bad Nenndorf hat sich, so gut es geht, auf die Zeit ohne hauptamtliche Geistliche vorbereitet. In den vergangenen Wochen hat Schultz-Waßmuth Ruheständler für die Gottesdienst-Vertretungen gewonnen, und die „Spinger“ des Kirchenkreises übernehmen die Beerdigungen. „Die Basics laufen. Aber für die Kür, etwa Angebote für Familien und Spiritualität, wird es kaum reichen“, so Schultz-Waßmuth. Insgesamt sei die Personalsituation des Kirchenkreises so angespannt an, dass nichts mehr passieren dürfe. „Wir sind am Limit.“