Gegen die Pfeile des Bösen

Wozu dient eigentlich die „Waffenrüstung Gottes“?, fragt Hanno Billerbeck. Er ist Pastor an der KZ-Gedenkstätte Neuengamme.

Der Predigttext des kommenden Sonntags lautet: „Zieht an die Waffenrüstung Gottes“ aus dem Epheser-Brief 6, 10-17
Als jemand, der von der Friedensbewegung der 1980er-Jahre geprägt ist, mache ich um solche Bibelstellen gerne einen Bogen. Natürlich ist mir klar, dass hier in einem übertragenen Sinn von Rüstung die Rede ist. Gemeint sind nicht Waffen aus Metall, sondern Gerechtigkeit, Glauben und Geist. Aber wir leben mit einer Geschichte, in der in Gottes Namen mit Waffen aller Art großes Leid in die Welt gebracht worden ist, und wir leben in einer Gegenwart, in der Waffen die viel zu viel genutzten Werkzeuge von Kriminellen, Terroristen und Diktatoren sind. Muss die biblische Sprache ausgerechnet diese Worte benutzen?
Die „Waffenrüstung Gottes“ dient – das wird klar gesagt – keinesfalls dem Schutz vor Waffen aus Metall. Nein, sie dient dem Widerstand gegen die, wie es dort heißt, „feurigen Pfeile des Bösen“. Doch ich befürchte, dass diese Pfeile gar nicht so gut erkennbar sind, wie man denken könnte, sondern dass sie sich als kleine Zweifel und offene Fragen unauffällig in unser Denken und Fühlen bohren. Ist nicht doch etwas daran, dass eine Zukunft in Frieden und Wohlstand bedroht ist? Sind die vielen zugewanderten Menschen nicht doch ein Risiko für die Freiheit und Toleranz, die in den letzten Jahrzehnten mühsam erkämpft wurden? Müssen wir nicht doch verstärkt darauf achten, nicht an den Rand gedrängt zu werden? Wenn still und heimlich die Sorge, benachteiligt zu werden und gefährdet zu sein, wächst, fangen dann nicht schon die feurigen Pfeile an, in der Seele anzukommen? Wenn diese Sorgen dann noch den Einsatz für Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden unwichtiger werden lassen, dann haben wir denen, die Gerechtigkeit und Frieden verachten, nichts mehr entgegenzusetzen.
Dabei bin ich überzeugt, dass es der Welt guttun würde, auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden zu setzen, und zwar für alle Menschen. Diese Bibelstelle mit ihren befremdlich deutlichen Worten erinnert zum einen daran, dass Frieden nicht von allein kommt, und zum anderen daran, dass das der Weg ist, der unserem Glauben entspricht.
Unser Autor
Hanno Billerbeck
ist Pastor an der KZ-Gedenkstätte Neuengamme.
Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Mittwoch.