Fußball-WM? Kirchenvertreter sagen „Nein, danke!“

Wenn Deutschland bei der WM in Katar aufläuft, schalten leitende Kirchenleute im Norden den Fernseher ab. Für ein Finale mit der DFB-Elf hält sich eine Vertreterin aber eine Hintertür offen.

Wenn Deutschland in Katar spielt, schalten Kirchenleute aus Niedersachsen den Fernseher aus
Wenn Deutschland in Katar spielt, schalten Kirchenleute aus Niedersachsen den Fernseher ausPixabay

Hannover / Bremen. Die leitenden evangelischen Theologen in Niedersachsen und Bremen wollen sich keine Übertragungen der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar ansehen. „Ich glaube, dass die Fifa sich keinen Gefallen getan hat, denn der Makel, dass Geld über allem steht, haftet ihr nachhaltig an“, fasste der Oldenburger Bischof Thomas Adomeit die ablehnende Stimmung zusammen. Wenn die Zuschauerinnen und Zuschauer ihrem Unmut über das Turnier Ausdruck verleihen wollten, sei dies an den Einschaltquoten am ehesten zu erkennen. Das Auftaktspiel zwischen Katar und Ecuador findet an diesem Sonntag statt.

Die fußballbegeisterte Kirchenpräsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche, Susanne Bei der Wieden, will auf die Übertragungen der Spiele im Fernsehen „schweren Herzens“ verzichten. „Zu hoch ist der Preis, den Menschen in Katar für das Stattfinden der Wettkämpfe zahlen mussten“, sagte sie. Sollte Deutschland das Finale erreichen, könne sie jedoch nicht ausschließen, vielleicht doch den Fernseher einzuschalten. „Da wird die Versuchung dann sehr groß sein“, räumte die Anhängerin von Eintracht Frankfurt ein.

Menschenrechte missachtet

Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister erinnerte an homophobe Äußerungen von Offiziellen aus Katar und die Missachtung der Menschenrechte bei den Bauarbeiten der Stadien. Er lud zeitgleich zum Eröffnungsspiel den Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, Markus N. Beeko, und den Präsidenten des Niedersächsischen Fußballverbands, Ralph-Uwe Schaffert, zu einer öffentlichen Diskussionsrunde über Menschenrechte in die hannoversche Marktkirche ein.


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In Bremen äußerte der leitende Theologe Bernd Kuschnerus Verständnis dafür, dass die Anstrengungen der Spieler gewürdigt werden. Dennoch werde er sich die Spiele nicht ansehen und sich immer gegen Verachtung von Frauen und queeren Menschen im Gastgeberland Katar positionieren. Weiter bedauerte er, dass das Auftaktspiel am Totensonntag angepfiffen wird. „Das ist für mich ein wichtiger stiller Feiertag, an dem ich der Verstorbenen gedenke.“ Auch die anschließende Adventszeit sei für ihn eine Zeit der Vorfreude auf Weihnachten und der Besinnung, darauf, was im Leben wirklich zähle. „In diesen Zeiten eines Krieges in Europa und weiterer Krisen ist mir das besonders wichtig“, betonte der Theologe, der sonst Werder Bremen die Daumen drückt.

Auch der Sportbeauftragte der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, der oldenburgische Oberkirchenrat Detlef Mucks-Büker, will auf die Spiele verzichten. Boykott könne auch bedeuten, das Fußball-Turnier zu ignorieren, sagte der Fan des FC Schalke 04. Statt vor dem Bildschirm die Spiele zu sehen, sei auch ein Bummel über den Weihnachtsmarkt oder ein Besuch des Fitness-Studios möglich.

„Fußball-Fans sollten Menschenrechts-Fans sein“

Auch die Landesbischöfin der  Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, schaltet den Fernseher ab. „Ich werde mich auf die Adventszeit konzentrieren“, sagte sie. Mit Blick auf Katar sehe Kühnbaum-Schmidt weniger auf den Fußball, sondern eher auf die dortige Menschenrechtssituation, die sie besorge und tief beunruhige. Sie wünsche sich, dass alle, die die Fußball-WM verfolgen, sich ebenso intensiv für die Würde und die Rechte aller Menschen in Katar einsetzen. „Fußball-Fans sollten auch immer Menschenrechts-Fans sein“, sagte die Theologin. (epd)