Für die junge Vikarin wird die stille Nacht aufregend

Etwas nervös ist sie schon: Bente Küster feiert als Vikarin ihren ersten Weihnachtsgottesdienst. Gegen Lampenfieber hat sie ein überraschendes Rezept.

Vikarin Bente Küster predigt in der Broder-Hinrik-Kirche
Vikarin Bente Küster predigt in der Broder-Hinrik-KircheAxel Löhr

Langenhorn. Der zündende Gedanke wird ihr nachts kommen. Meistens wacht Bente Küster aus dem Tiefschlaf auf und hat eine Idee, wie ihre Predigt beginnen soll. Darauf zählt sie, wenn sie überlegt, was sie Heiligabend den Leuten in den Kirchenbänken sagt.
Bente Küster ist Vikarin der Broder-Hinrik-Gemeinde in Hamburg Langenhorn. Am 24. Dezember wird sie ihren ersten Weihnachtsgottesdienst halten.
Ihre Anleiterin, Pastorin Bettina Rutz, und das Team des Predigerseminars bilden sie zur Pastorin aus. Als Vikarin erlebt sie erstmals, was es heißt, wenn die Advents- und Weihnachtszeit auch Arbeitsalltag ist. „Es ist viel weniger stressig, als ich dachte. Klar, es ist Arbeitszeit. Aber ich merke auch, wie mich die Stimmung mitnimmt“, sagt Bente Küster.

Gottvertrauen gegen Lampfenfieber

Heiligabend kein gewöhnlicher 10-Uhr-Gottesdienst am Sonntag. „Ich freue mich schon sehr darauf“, sagt die Vikarin, „aber aufgeregt bin ich auch.“ Bente Küster kennt volle Bankreihen. Sie hat bereits in einer gut besuchten Kirche den Gottesdienst geleitet. „Ich bin in einer Gemeinde, wo der Gottesdienstbesuch immer mal überrascht. Zum Erntedankfest war es zum Beispiel proppenvoll.“ Ihr Rezept gegen die Aufregung: das gemeinsame Gebet mit allen Beteiligten in der Sakristei. So hilft Küster gegen das Lampenfieber ihr Gottvertrauen. „Ich bin eben nicht die Hauptperson; das ist Gott.“
Bente Küster möchte von der Kanzel erzählen, was Weihnachten bedeutet – aber niemanden enttäuschen. „Es kommen viele Leute, die sonst nie in die Kirche gehen. Sie suchen etwas Vertrautes.“ Doch die Weihnachtsbotschaft ist für Bente Küster immer provokant – und auch das möchte sie erzählen. „Die Propheten haben von einem Herrscher geträumt. Aber dann wurde ein Baby in größter Armut geboren. Das führte die Macht des Kaisers ad absurdum“, erklärt sie.
Die Vikarin versucht, eine individuelle Weihnachtsbotschaft für ihre Kirchengemeinde zu formulieren. Die Flüchtlingsthematik beschäftigt sie in diesem Jahr besonders. „Es gibt in Langenhorn durchaus Leute, die da skeptisch sind. Sie fragen: ‚Was passiert da eigentlich in unserer Welt?‘ Sie merken, es ist eigentlich gar nicht so heil. Genau wie in der Weihnachtsgeschichte.“ Die Geschichte von der Geburt Jesu sei voller Armut – nichts sei heil gewesen.

„Ich bringe das ein, was ich liebe“

Zu einem Weihnachtsgottesdienst gehören Lieder. Darüber macht sich Bente Küster ebenfalls Gedanken. Sie hat beispielsweise ihr Lieblingslied „Ich steh an deiner Krippe hier“ ausgesucht. Diese Auswahl werden die Gottesdienstbesucher spüren, hofft Küster. „Ich bringe das rein, was ich liebe. Und das merkt man, glaube ich, auch.“
Die Vikarin hat den Gottesdienst um 18 Uhr gewählt. Sie hätte auch die Christmette um 23 Uhr halten können. Doch aus ihrer Kindheit in einer Pastorenfamilie weiß sie, dass ihre Anspannung an diesem Weihnachtsabend dann zu groß wäre. Wie hätte sie dann die Bescherung und das Weihnachtsessen genießen können? Zwei Gottesdienste am Heiligabend und weitere an den beiden Weihnachtstagen, wie es bei vielen Pastoren Alltag ist – „das kommt schon noch früh genug“, meint Bente Küster. Sie nicht nur die Anspannung, sondern auch die eigene Beteiligung im Weihnachtsgottesdienst „Ich habe früher manchmal gelesen oder Trompete gespielt“, erinnert sich die zukünftige Pastorin.

Auch privat wird Weihnachten gefeiert

Mit dem Vikariat steht die 29-Jährige zu Beginn ihres Berufslebens. Mehr als 35 Weihnachtsfeste liegen vielleicht noch vor ihr. „Ich habe Angst, dass mir nichts Neues einfällt“, sagt Küster, „ aber ich glaube, man muss sich davor hüten zu sagen, es kommt jedes Jahr dasselbe. Und die Welt verändert sich, sodass ich den politisches Kontext nie ausblenden möchte.“
Obwohl der Heiligabend für die Vikarin ein Arbeitstag ist, wird auch bei ihr zu Hause Weihnachten gefeiert. Sie wird mit ihrem Ehemann, ihrer Schwester und deren Mann den Abend verbringen. Selbstverständlich besuchen die drei vorher den Weihnachtsgottesdienst von Bente Küster in Langenhorn. Das Weihnachtsessen ist dann schon vorbereitet: Graved Lachs und Heringssalat – wie es Küster aus ihrer eigenen Familie kennt. „An den anderen Weihnachtstagen habe ich frei – das ist natürlich der große Luxus im Vikariat.“