Fünf in einem Boot

Fünf evangelische Landeskirchen gibt es in Niedersachsen – das ist bundesweit einmalig. Gegen einen Zusammenschluss mussten sie sich oft wehren. Jetzt feiert die Konföderation 50. Geburtstag.

Prashant Sharma / Pixabay
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Hannover. „Angesichts der gegenwärtigen Herausforderungen sitzen wir in einem Boot – wir müssen es seetüchtig machen.“ So beschrieb der evangelische Kirchenamtspräsident Johann Frank aus Hannover vor fünf Jahrzehnten die Situation der evangelischen Kirchen in Niedersachsen. Denn die kirchliche Lage zwischen Ems und Elbe ist vielfältig und mitunter kompliziert: Gleich fünf protestantische Landeskirchen müssen hier ihre Interessen miteinander abstimmen und sie gegenüber dem Land vertreten. Deshalb hoben Frank und andere zum 1. Februar 1971 ein bundesweit einzigartiges Konstrukt aus der Taufe: die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen. In diesem Jahr blickt sie auf ihr 50-jähriges Bestehen zurück.

Für den Oldenburger Bischof Thomas Adomeit hat sich die Konföderation bewährt: „Für das Land Niedersachsen ist sie ein verlässliches Gegenüber, eine Gesprächspartnerin, die klar und konstruktiv mit einer Stimme spricht.“ Adomeit hat im Januar von Landesbischof Ralf Meister aus Hannover den Ratsvorsitz der Konföderation übernommen und steht damit künftig an der Spitze, wenn die Protestanten mit der Landesregierung über kirchliche oder gesellschaftliche Themen sprechen. Er will dabei ein deutliches evangelisches Profil zeigen: „Wir sollten auch in Zukunft klar und vernehmbar Stellung beziehen. Verstecken zählt nicht.“

Historische Umrisse

Rund 3,3 Millionen lutherische und reformierte Protestanten leben heute in Niedersachsen. Organisiert sind sie in fünf Landeskirchen, in deren Grenzen sich noch weitgehend die Umrisse der alten Länder und Provinzen spiegeln, aus denen 1946 das Land Niedersachsen entstand: Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Schaumburg-Lippe. Hinzu kommt die Evangelisch-reformierte Kirche. „Kein Bundesland hat eine vergleichbare Vielfalt vorzuweisen“, sagt der Kirchenhistoriker Professor Hans Otte aus Hannover.

Im März 2014 wurde ein neuer Konföderationsvertrag unterzeichnet (v.l.):
Ralf Meister (Hannover), Jan Janssen (Oldenburg), Friedrich Weber (Braunschweig), Karl-Hinrich Manzke (Schaumburg-Lippe) und der Evangelisch-reformierte Kirchenpräsident Martin Heimbucher (Leer) Foto: Jens Schulze / epd
Im März 2014 wurde ein neuer Konföderationsvertrag unterzeichnet (v.l.):Ralf Meister (Hannover), Jan Janssen (Oldenburg), Friedrich Weber (Braunschweig), Karl-Hinrich Manzke (Schaumburg-Lippe) und der Evangelisch-reformierte Kirchenpräsident Martin Heimbucher (Leer) Foto: Jens Schulze / epd© epd-bild / Jens Schulze

Und jede Landeskirche hat ihre ganz besondere Eigenart. Die braunschweigische Kirche im Südosten ist geschichtlich besonders vom Geist der Aufklärung geprägt, Schaumburg-Lippe im Südwesten dagegen von der kirchlichen Erweckungsbewegung. Wie diese beiden ging auch die oldenburgische Kirche im Nordwesten aus einem ehemaligen Fürstentum hervor – bis heute ist sie auf ihre Eigenständigkeit bedacht.

Die Evangelisch-reformierte Kirche mit Sitz im ostfriesischen Leer beruft sich anders als ihre lutherischen Nachbarn auf den Schweizer Reformator Johannes Calvin. Die hannoversche Landeskirche schließlich ist die größte Landeskirche in Deutschland, sie umfasst drei Viertel Niedersachsens. Hier konnten Erweckung, Liberalismus und lutherische Orthodoxie immer nebeneinander existieren.

Kirchen pochten auf Eigenständigkeit

Immer wieder gab es Versuche, die Kirchen einander anzunähern oder sogar zu fusionieren, erläutert Otte – den ersten gleich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, als sich Kirchen und Länder neu ordneten. Der erste Ministerpräsident Hinrich Wilhelm Kopf hätte lieber eine einheitliche niedersächsische Kirche gehabt. Doch die Kirchen wollten eigenständig bleiben. (epd)