„Form des Beirats noch einmal überdenken“

Der Betroffenenbeirat der EKD ist ausgesetzt, die bisherige Arbeit wird evaluiert. In dem Gremium habe sich eine explosive Eigendynamik entwickelt, so Fehrs.

Bischöfin Kirsten Fehrs
Bischöfin Kirsten FehrsPhilipp Reiss / epd

Hamburg. Nach dem vorläufigen Aussetzen des Betroffenenbeirats zur Begleitung des Umgangs mit sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche wirbt die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs für neue Wege der Zusammenarbeit mit den Betroffenen. Die derzeitige Situation beschwere sie, sagte Fehrs, die vor kurzem in ihre zweite Amtszeit als Bischöfin gewählt worden ist. „Ich bin zutiefst überzeugt davon, dass wir nur etwas lernen können, wenn wir betroffene Menschen weiter konsequent beteiligen.“

Die Form und Struktur des Beirats sei allerdings noch einmal zu überdenken. Deshalb wird jetzt die bisherige Arbeit unabhängig evaluiert. „Ich bin zuversichtlich, dass wir in gemeinsamer Auswertung der Ergebnisse eine Lösung und eine neue Struktur finden“, so Fehrs.

Spektrum nicht mehr abgebildet

In dem Beirat zur Begleitung der verschiedenen Maßnahmen zu Prävention, Intervention, Aufarbeitung und Unterstützung seien ursprünglich bewusst Vertreter verschiedener Opfergruppen beteiligt gewesen, also Menschen, die sexualisierte Gewalt in Heim, Kirchengemeinde, Kita oder bei den Pfadfindern erfahren haben. Dieses Spektrum sei derzeit in dem Betroffenenbeirat nicht mehr abgebildet, sagte Fehrs. Dass Betroffene auch bei der Aufarbeitung einbezogen werden sollen, steht jedoch für sie außer Frage.


Mehr zum Thema
Evangelische Kirche setzt Betroffenenbeirat vorläufig aus
Betroffene wirft evangelischer Kirche Machtmissbrauch vor
Landesbischof Meister entschuldigt sich für sexuelle Gewalt in der Kirche


Nachdem fünf von zwölf Mitgliedern aus dem Beirat ausgetreten waren und von den verbliebenen Mitgliedern einige beim Beauftragtenrat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) die Auflösung des Beirates beantragt hatten, hat der das Gremium Anfang Mai vorläufig ausgesetzt. In der nun folgenden unabhängigen Untersuchung sollen sowohl traumatherapeutische Experten als auch Organisationstheoretiker gehört werden.

„Der evangelischen Kirche wird bisweilen vorgeworfen, sie habe ohne Expertise, ‚einfach so‘ mal eben zwölf Betroffene zu einem Beirat zusammengewürfelt – aber das stimmt nicht“, so Fehrs. Seit Februar 2019 sei der Betroffenenbeirat angelehnt an ähnliche Formen beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung (UBSKM) und bei der katholischen Kirche konzipiert und in einem sorgsamen Auswahlprozess zusammengestellt worden.

Fehrs gesteht Fehler ein

Die EKD leiste zusammen mit anderen in diesem Bereich Pionierarbeit, so Fehrs. „Da macht man auch Fehler.“ Der Beauftragtenrat sehe selbstkritisch, dass er zu spät reagiert habe, als innerhalb des Betroffenenbeirates Meinungsverschiedenheiten entstanden sind. „Das Zusammentreffen der unterschiedlichen Positionen hat dann eine Eigendynamik entwickelt, die sich als explosiv herausgestellt hat.“ Nun müsse ein neuer Weg gefunden werden, sagte Fehrs. „Wir müssen weitermachen, und wir werden weitermachen.“

Die EKD hatte den Beirat nach nur acht Monaten vorläufig ausgesetzt und eine unabhängige Auswertung angekündigt. Einzelne Mitglieder hatten der EKD anschließend öffentlich Machtmissbrauch vorgeworfen. Fehrs gehört dem fünfköpfigen Beauftragtenrat an und war zwei Jahre lang dessen Sprecherin. 2020 übernahm turnusmäßig der Braunschweiger Landesbischof Christoph Meyns das Amt. (epd)