Die Fastenzeit dient dazu, uns auf Gott und den Glauben zu besinnen. Sieben Wochen verzichten wir bewusst auf etwas, das unser Leben erschwert. Das fällt zurzeit schwerer als sonst: Die gesellschaftlich-politische Lage in unserem Land ist so angespannt wie lange nicht. Existenzängste, Sorgen um die Zukunft und die Weltpolitik schüren bei vielen Menschen Ängste. „Natürlich müssen wir probieren, nicht panisch zu werden, weil man dann nicht mehr nachdenken kann“, sagt Männerpastor Henning Ernst.
Mitten in diese Zeit fällt das diesjährige Fastenmotto „Luft holen! Sieben Wochen ohne Panik“. Skurriler könnte das Motto in diesem Jahr nicht ausfallen. Theologe Joerg Urbschat, Referent im Männerforum der Nordkirche, ergänzt: „‚Sieben Wochen ohne Panik‘ ist eigentlich kein Männerthema. Es müsste eigentlich heißen ‚Sieben Wochen wahrnehmen, wo Panik sein könnte und wo du sie ausblendest‘.“ Damit trifft er den Kern seiner Arbeit und des damit verbundenen Themas Achtsamkeit.
Männerforum der Nordkirche: Achtsamkeitsübungen gegen Panik
„Wir leben in atemlosen Zeiten. Gewalt und Hass sorgen uns. Panik verbreitet sich und treibt uns in die Enge“, schreibt der Landesbischof Hannovers und Botschafter der Fastenaktion, Ralf Meister, zum diesjährigen Motto auf der Website von „7 Wochen Ohne“. Allerdings ist der Begriff ‚Panik‘ generell behaftet. Panik beinhaltet ein hohes Maß an Emotionen. Sie ist eine Angstreaktion, die bei großer Bedrohung auftritt. Oft geht sie mit körperlichen und psychischen Begleiterscheinungen einher. Diesem Zustand können wir vorbeugen durch Achtsamkeitsübungen und Techniken, um überhaupt erst einmal das Gefühl und die Ursache von Angst wahrzunehmen.
„Ich glaube, dass nicht viele Männer Panik empfinden“, schätzt Urbschat ein. „Sie sind trainiert darauf, so etwas nicht wahrzunehmen oder trotzdem weiterzumachen und drüberzugehen.“ Eigentlich sollten wir uns zunächst anschauen, was davor kommt: „Hinter der Panik steckt ja eine Angst“, erklärt Ernst. Er meint, wir im Allgemeinen, aber auch Männer sollten erst mal wahrnehmen, was die Angst einem zu sagen habe und was davon bearbeitet werden müsse. „Denn wenn ich lange genug weglaufe, ist irgendwann die Panik da, und dann bin ich nicht mehr handlungsfähig“, schätzt der Pastor mit Gesprächsgruppen-Erfahrung ein.
Theologe: Das Männerbild im Wandel
Bewältigungsstrategien im Umgang mit Angst und damit verbundener Panik finden sich im Bereich von Achtsamkeitsritualen: Yoga, Meditation, Sport, Fitness – alles Methoden, die mit der Wahrnehmung des eigenen Körpers und der Psyche zu tun haben. „Ich höre von Männern, die davon erzählen, wie sie in ihrem Element waren. Das ist eine Methode, mit der ich arbeite, um ursprüngliche Impulse und Stärken herauszuholen“, sagt Ernst. Dabei berichten sie von brenzligen Situationen, in denen sie die Ruhe bewahrt haben. „Von daher ist nicht die Frage nach Panik die entscheidende, sondern danach, wie bewältige ich das, was sie auslösen könnte.“ Gesprächsgruppen können helfen oder auch ein guter Freund, eine Freundin, um das zu reflektieren.
Wenn es um den Umgang mit Angst, Panik und Achtsamkeit bei Männern geht, bemerken beide einen Generationswechsel in unserer Gesellschaft. „Ich glaube, gerade in der jungen Generation gibt es auf der einen Seite diese super Achtsamen, super Woken, und auf der anderen Seite gibt es eine Retraditionalisierung in Härte, in Männlichkeit, Trumpismus“, beobachtet Urbschat. Achtsam sein in dieser Generation bedeute wahrzunehmen, wie vielfältig unsere Gesellschaft ist. Die Zweifel, die mit der Frage nach Männlichkeit im Wandel der Generationen einhergehen, gelte es aufzulösen. „Da müssen wir einen neuen Weg finden“, sagt Urbschat.
Mehr Infos unter: www.maennerforum-nordkirche.de
