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Studentenproteste in Serbien: Kirche im Zwiespalt

Die Studentenproteste stellen die serbisch-orthodoxe Kirche vor Herausforderungen. Eine Expertin sieht in den kirchlichen Reihen Angst und Selbstzensur – und ein schwieriges Verhältnis zum Staat.

In Serbien wächst die Kritik an der Nähe von Kirche und Staat
In Serbien wächst die Kritik an der Nähe von Kirche und StaatImago / Pixsell

Die anhaltenden Studentenproteste in Serbien haben nach Einschätzung einer Expertin auch Auswirkungen auf die serbisch-orthodoxe Kirche des Landes. “In den kirchlichen Reihen herrschen spürbare Selbstzensur und eine Atmosphäre der Angst”, sagte Journalistin und Religionsexpertin Jelena Jorgacevic der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Beigetragen zu dem unbehaglichen Klima habe das enge Verhältnis der Kirchenspitze zu den staatlichen Behörden. “So ist unausgesprochen klar, dass offene Unterstützung für die Studierenden nicht erwünscht ist”, so Jorgacevic. Durch Schweigen, symbolische Gesten oder offene Worte stütze die Kirchenleitung im besten Fall den Status quo – “oft aber direkt oder indirekt das Regime”.

Studentenproteste kritisieren Korruption und Machtmissbrauch

Am 1. November jährt sich zum ersten Mal das Bahnhofsunglück von Novi Sad. Beim Einsturz eines frisch renovierten Vordachs waren in Serbiens zweitgrößter Stadt 16 Menschen ums Leben gekommen. Kritiker führen den Einsturz auf Korruption und unsachgemäße Arbeit zurück. Die Studenten fordern vorgezogene Parlamentswahlen und werfen der Regierung unter Präsident Aleksandar Vucic ein zunehmend brutales Vorgehen gegen Kritiker vor.

Trotz des engen Verhältnisses zwischen Orthodoxie und serbischer Regierung spreche die Kirche “nicht mit einer Stimme”, so Jorgacevic. Immer wieder zeigten sich einzelne Bischöfe solidarisch mit den Studierenden. Im mittelalterlichen Kloster Studenica etwa wurden jüngst Studierende begrüßt, die zu Fuß nach Novi Sad aufgebrochen waren, um an den Jahrestag des Bahnhofsunglücks zu erinnern.