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Ex-“Washington Post”-Chef: Trump baut “Propaganda-Struktur” auf

Ex-“Washington Post”-Chef Martin Baron warnt vor neuen massiven Angriffen von Donald Trump auf unabhängige Medien. Der US-Präsident folge dem Beispiel Ungarns. Baron rechnet auch mit Manipulation bei den Wahlen 2026.

Der frühere Chefredakteur der “Washington Post”, Martin Baron, erwartet weitere Schritte von US-Präsident Donald Trump gegen unabhängige Medien. “Ich glaube, wir müssen uns auf eine Menge Schlimmeres einstellen”, sagte Baron der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). “Wir haben einen Präsidenten, der nicht an eine freie und unabhängige Presse glaubt”, sondern vielmehr eine Propaganda-Struktur in den USA aufbaue. “Trump folgt in den Fußstapfen von Viktor Orban, und Orban ging in Ungarn viel weiter als das, was Trump bislang angerichtet hat”, so Baron.

Der Präsident setze dabei vor allem auf seine Verbündeten bei den großen US-Technologie- und Digitalkonzernen wie den Oracle-Gründer Larry Ellison oder X-Chef Elon Musk. “Sie sollen am besten alle großen Medienanbieter inklusive Social Media übernehmen”, sagte Baron, der von 2013 bis 2021 an der Spitze der “Washington Post” stand.

Dazu gehöre auch der geplante Tiktok-Deal, der die Plattform in den USA in die Hände von Larry Ellison, Fox-News-Eigentümer Rupert Murdoch und anderen Trump-Unterstützern legen würde. Die Konzerne seien auch ihrerseits durch Trump erpressbar. “Er kann viel für sie ermöglichen – aber auch eine Menge Druck auf die Tech-Plattformen ausüben”, sagte Baron, da er sie durch Monopolgesetze zerschlagen oder auch andere Auflagen ihr Business-Modell zerstören könne.

Gegenwehr der Konzerne sei hier nicht zu erwarten: “Big Business war noch nie groß im Demokratie-Verteidigen. Sie verteidigen ihre Unternehmen”, so der in diesem Jahr vom International Press Institute als “Held der Pressefreiheit” ausgezeichnete Journalist.

Baron rechnet auch mit Manipulationsversuchen des Trump-Lagers bei den Zwischenwahlen im kommenden Jahr. “Ich mache mir Sorgen, dass Trump versucht, die Midterm-Elections 2026 zu manipulieren. Er unternimmt gerade alles, was möglich ist, um so etwas vorzubereiten”, sagte Baron. So würden Wahlbezirke neu zugunsten der Republikaner zugeschnitten. Außerdem rechnet Baron damit, “dass – wie nach den von Trump verlorenen Präsidentschaftswahlen 2020 – behauptet wird, es habe verdächtige Aktionen bei der Wahl gegeben”, um das Ergebnis anzuzweifeln und dessen Umsetzung zu blockieren.

Zu seinem früheren Blatt, das auf Weisung seines Eigentümers Jeff Bezos seine kritische Haltung gegenüber Trump weitestgehend aufgegeben hat, meinte Baron: “Bezos war ein fantastischer Besitzer in den Jahren, die ich dort gearbeitet habe.” Der Amazon-Gründer habe die Redaktion unterstützt und Angriffe auf seine anderen Unternehmen während Trumps erster Präsidentschaft ausgehalten.

“Doch jetzt scheint Bezos entschieden zu haben, sein Verhältnis zu Trump zu reparieren, um dessen zweite Amtszeit durchzustehen”, so Baron. Unter Anspielung auf den von Bezos bei der “Washington Post” eingeführten Slogan “Democracy dies in Darkness” (Demokratie stirbt in der Dunkelheit) sei dieser Schritt aber “Feigheit, deren Opfer die Demokratie ist”.