Evangelische Kirche will eigenes Schiff ins Mittelmeer schicken

Beim Thema Seenotrettung belässt es die evangelische Kirche nicht bei politischen Appellen. Gemeinsam mit anderen Organisationen will sie ein eigenes Schiff ins Mittelmeer schicken, um Menschen vor dem Ertrinken zu retten.

Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm (Mitte) stellte den Plan vor
Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm (Mitte) stellte den Plan vorChristian Ditsch / epd

Berlin. Gemeinsam mit anderen Organisationen will die evangelische Kirche ein eigenes Schiff zur Rettung von Menschen aus Seenot ins Mittelmeer schicken. Dass dort weiterhin Menschen ertrinken, sei etwas, das man nicht hinnehmen könne, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, in Berlin. Er kündigte an, dass ein Verein gegründet werden soll, der ein eigenes Schiff kauft. Zum dahinter stehenden Bündnis gehören nach Angaben des Bischofs zahlreiche Institutionen und Organisationen, auch Kirchengemeinden und Sportvereine. Bedford-Strohm rechnet mit einem hohen sechsstelligen bis niedrigen siebenstelligen Betrag für Kauf und Umbau des Schiffes.

Die Idee, ein eigenes Schiff zu entsenden, wird innerhalb der evangelischen Kirche seit dem Kirchentag im Juni in Dortmund diskutiert. Eine Resolution der dortigen Teilnehmer hatte die EKD aufgefordert, mit einer eigenen Rettungsmission ein Zeichen zu setzen. „Wir setzen damit ein klares Zeichen“, sagte Bedford-Strohm nun. Das Schiff sei Teil des diakonischen Auftrags der Kirche. Den Beschluss für die Gründung des Vereins hat der Rat der EKD nach Bedford-Strohms Worten am vergangenen Freitag gefasst. In dem Gremium habe es eine große Einigkeit zu der Frage gegeben, sagte er.

Streitthema in der EU

Egal aus welchen Gründen Menschen in Lebensgefahr sind, bestehe die Pflicht zu helfen, sagte Bedford-Strohm: „Not hat keine Nationalität.“ Kritikern, die der Auffassung sind, die evangelische Kirche handele damit nicht verantwortlich, sondern „gesinnungsethisch“, hielt der bayerische Landesbischof entgegen: „Barmherzigkeit und Verantwortung können nicht gegeneinander ausgespielt werden.“ Er betonte aber, die Kirche sei in dieser Situation kein politischer, sondern ein „diakonischer Akteur“.

Die Seenotrettung im Mittelmeer ist ein Streitthema unter den EU-Staaten. Unter Innenminister Matteo Salvini, der inzwischen nicht mehr im Amt ist, hatte Italien wiederholt Rettungsschiffen die Einfahrt in Häfen verweigert. Crews und Gerettete mussten teilweise wochenlang auf dem Wasser ausharren. Deutschland setzt darauf, dass sich die EU-Staaten auf eine Verteilung der Geretteten einigen, weil Italien nicht allein für die Anlandenden aufkommen will. In der nächsten Woche will sich Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) mit der neuen italienischen Innenministerin Luciana Lamorgese in Berlin treffen. Am Montag, 23. September, kommen die EU-Innenminister auf Malta zusammen und wollen Seehofer zufolge einen Vorschlag für die Regierungschefs der EU erarbeiten.

Forderung an Politik

Bedford-Strohm präsentierte den Beschluss für ein eigenes Schiff gemeinsam mit Vertretern von „Ärzte ohne Grenzen“, der Organisation „Seebrücke“ und dem Potsdamer Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD). Die brandenburgische Hauptstadt gehört zum Bündnis „Städte Sicherer Häfen“, die als Kommunen anbieten, zusätzliche Flüchtlinge aufzunehmen, auch Gerettete aus dem Mittelmeer. Der deutsche Verteilmechanismus erlaubt das nicht. Schubert appellierte an Seehofer, das zu ändern.

Welche Organisationen – möglicherweise auch andere Religionsgemeinschaften – genau den Verein mitgründen werden, blieb zunächst noch offen. Unklar ist auch noch, wer welchen Anteil an den Kosten trägt. Die Evangelisch-reformierte Kirche hatte bereits vor längerer Zeit angekündigt, 15.000 Euro für ein kirchliches Seenotrettungsschiff spenden zu wollen. (epd)