Evangelische Kirche setzt den Rotstift an

Mitgliederverlust und sinkende Kirchensteuereinnahmen zwingen die EKD auf Sparkurs in Millionenhöhe. Für viele kirchliche Einrichtungen bedeutet das drastische Kürzungen – oder das Aus.

Schon im vergangenen November tagte die EKD-Synode digital, hier Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm
Schon im vergangenen November tagte die EKD-Synode digital, hier Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-StrohmJonathan Haase / epd

Hannover. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) plant Einsparungen in Millionenhöhe bei vielen ihrer Arbeitsfelder und Einrichtungen. Die Synode der EKD hat einen Sparkurs beschlossen, mit dem die Kirche auf sinkende Mitgliederzahlen und damit einhergehend absehbare Einnahmeverluste reagiert. 17 Millionen Euro sollen 2030 weniger ausgegeben werden als im vergangenen Jahr. Die Einsparungen betreffen unter anderem kirchliche Hochschulen und Stiftungen, theologische und wissenschaftliche Einrichtungen sowie spezielle Seelsorgebereiche etwa bei der Bundespolizei.

Dem Beschluss ging ein mehrjähriger Diskussionsprozess voraus – ausgehend von einer bei Wirtschaftswissenschaftlern beauftragten Prognose, die der evangelischen Kirche eine Halbierung ihrer Mitgliederzahl bis 2060 voraussagt. In ähnlichem Maße ginge dann auch das Kirchensteueraufkommen zurück. Die Corona-Pandemie erhöht aktuell den Spardruck. Für dieses Jahr erwartet die EKD einen deutlichen Einbruch der Kirchensteuer, die an die Einkommenssteuer ihrer Mitglieder gekoppelt ist.

Kein Ausweichen

Würden die derzeitigen Aufgaben unverändert fortgeführt, liefe die EKD auf ein Defizit von neun Millionen Euro in zehn Jahren zu, hatte das für Finanzen zuständige EKD-Ratsmitglied Andreas Barner bei der digitalen Synodentagung erklärt. Synodenpräses Irmgard Schwaetzer sagte: „Wir wählen nicht den Weg, schmerzlichen Entscheidungen auszuweichen.“

Ein Gremium mit Mitgliedern aus EKD-Rat, Synode und Landeskirchen hatte eine Finanzstrategie vorgelegt mit konkreten Sparbeschlüssen bei den Einrichtungen. Die Synode machte sich mit dem Beschluss das Sparziel zueigen, womit es verbindlichen Charakter für die EKD erhält. Über die konkreten Punkte wird in den nächsten Jahren voraussichtlich aber immer wieder beraten werden.

Neue Synode soll entscheiden

Im nächsten Jahr konstituiert sich eine neu gewählte Synode. Ihr ist es dann vorbehalten, die einzelnen Punkte immer wieder zu prüfen und gegebenenfalls im Detail zu ändern. Umgesetzt werden soll der Sparkurs ab 2022. Je nach Größe und Sparvorgabe trifft es die Arbeitsfelder voraussichtlich unterschiedlich hart. Für einige dürfte der Rotstift mittelfristig das Aus bedeuten.

 

Der EKD-Haushalt speist sich wesentlich aus Umlagen der Landeskirchen. Die Einsparungen stellen 20 bis 30 Prozent dieser jährlichen Umlage dar. Die Haushalte der Landeskirchen, die die Kirchensteuern einnehmen, betreffen die Sparbeschlüsse nicht. Die Finanzstrategie soll aber Vorbildcharakter auch für die Gliedkirchen haben, die angesichts des Mitgliederverlusts vor ähnlichen Problemen stehen und sparen müssen.

Reformpapier verabschiedet

Verzahnt waren die Finanzberatungen mit Überlegungen darüber, wo die evangelische Kirche künftig Prioritäten setzen will. Die Synode stimmte einem zuvor erarbeiteten Reformpapier mit zwölf Leitsätzen zu. Es enthält unter anderem Ideen dazu, wie die Kirche zukünftig besser mit Menschen in Kontakt kommt. Der kirchlichen Bildungsarbeit mit Kindern, Konfirmanden, Jugendlichen und Familien komme eine besondere Bedeutung zu, heißt es in dem Papier.

Außerdem will sich die Kirche auch für jene öffnen, die nicht Kirchenmitglied oder getauft sind. Strukturell will die evangelische Kirche in Zukunft weniger einer „staatsanalogen Behörde“ ähneln, sondern mehr einem „innovationsorientierten Unternehmen“, heißt es in dem Papier. Außerdem sollen die 20 Landeskirchen und die EKD in Zukunft effizienter zusammenarbeiten. Die Vermeidung von Doppelstrukturen folgt dabei auch finanziellen Überlegungen. (epd)