Es geht nicht nur um „Happiness“

Augenblicke des Glücks sind für jeden ganz unterschiedlich, manchmal schwer zu beschreiben und noch schwerer festzuhalten. Aber für die Lebensqualität ist auch die Politik verantwortlich.

Beim Glücklichsein geht es nicht nur um oberflächliche "Happiness", sondern um die Verbesserung des Wohlbefindens, erklärt die Kommunikationsdesignerin Gina Schöler. Sie hat das selbsternannte "Ministerium für Glück und Wohlbefinden" gegründet.
Beim Glücklichsein geht es nicht nur um oberflächliche "Happiness", sondern um die Verbesserung des Wohlbefindens, erklärt die Kommunikationsdesignerin Gina Schöler. Sie hat das selbsternannte "Ministerium für Glück und Wohlbefinden" gegründet.epd/Elmar Witt

Schömberg/Karlsruhe. Der Weg zum Glück führt über 300 Stufen. Schneller geht es mit dem Panorama-Aufzug: Der 55 Meter hohe Aussichtsturm „Himmelsglück“ im baden-württembergischen Schömberg will nicht nur für weite Blicke über den Schwarzwald sorgen, sondern auch „für völlig neue Glücksmomente“. So zumindest verspricht es die Touristenwerbung des Luftkurortes im Landkreis Calw. Schömberg hat sich 2009 sogar die Bezeichnung „Glücksgemeinde“ schützen lassen, sagt Pressesprecherin Stefanie Stocker.

Seitdem setzt sich der Ort nach eigenen Angaben besonders für eine nachhaltige Verbesserung der Lebensqualität und des Wohlbefindens seiner Bürgerinnen und Bürger ein. Dazu gehörten eine sozial gerechte Weiterentwicklung der Infrastruktur, Betreuung und Bildung von Kindern, eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung von Handel und Gewerbe.

Vorbild ist das Königreich Bhutan

Bhutan hat das Streben nach Glück in der Verfassung verankert und bereits vor 50 Jahren als Staatsziel formulierte. 2010 wurde sogar eine „Glückspartnerschaft“ zwischen der Schwarzwald-Gemeinde und dem Himalaya-Staat begonnen, die jetzt aber ruht. „In Bhutan werden immer wieder Menschenrechte verletzt, das ist mit unseren Werten nicht vereinbar“, erläutert Stocker.

Bhutans König Jigme Singye Wangchuck hatte 1972 erklärt, wichtiger als das Bruttoinlandsprodukt sei das „Bruttonationalglück“. Darunter wird ein ganzheitlicher Ansatz des Wohlbefindens verstanden. Neben dem Lebensstandard, der körperlichen und seelischen Gesundheit sowie der Bildung, werden etwa auch die Förderung der Vielfalt der Kulturen und der Erhalt des Ökosystems beim „Bruttonationalglück“ einberechnet.

Bhutan war das Vorbild für die Vereinten Nationen

Auf Initiative des Himalayastaates erklärten die UN im Jahr 2012 den 20. März zum Internationalen Tag des Glücks (International Day of Happiness). Zu den Zielen gehört, auch die Armut und Ungleichheit zu beenden sowie den Planeten zu schützen. Bei der Berechnung des jährlichen „Weltglücksreports“ der UN fließen auch Faktoren ein wie soziale Unterstützung, Lebenserwartung, Freiheit und Abwesenheit von Korruption in den einzelnen Mitgliedsstaaten.

Es geht also nicht nur um oberflächliche „Happiness“, sondern um die Verbesserung des Wohlbefindens, erklärt die Kommunikationsdesignerin Gina Schöler, die ein selbsternanntes „Ministerium für Glück und Wohlbefinden“ im nordbadischen Laudenbach gegründet hat. Auch wenn der Staat einiges dafür tun könne, damit Menschen glücklich und zufrieden seien, sei auch Eigeninitiative gefragt. Dazu will die „Glücksministerin“ mit „alltagsnahen Ideen, Impulsen und Inspirationen“ beitragen.

Glück und Wohlbefindens auch in Krisenzeiten bewahren

Neben den Grundvoraussetzungen für Lebensqualität denken viele Menschen vor allem an intensive und positive persönliche Momente, wenn sie von Glücksgefühlen sprechen. Wenn aber Stress und schlechte Nachrichten den Alltag prägten, sei es wichtig, den Fokus auf das Gute und Gelingende zu setzen und die Gemeinschaft zu stärken, sagt Schöler. Auch in Krisenzeiten wie diesen dürfe man nicht vergessen, sich um sich selbst zu kümmern: „Nur wenn wir selbst unsere Batterien immer wieder aufladen, können wir anderen helfen.“

Der evangelische Theologe und Lyriker Thomas Weiß beschreibt Glück als „etwas sehr Subjektives, schwer zu teilen und schwer zu erklären“. Als Lyriker empfinde er Glück, wenn er ein treffendes Wort lese oder selbst schreibe, sagt Weiß, der Mitglied des Schriftstellerverbands PEN-Zentrum Deutschland ist. So trifft aus seiner Sicht der alemannische Mundartdichter und evangelische Geistliche Johann Peter Hebel (1760-1826). oft einen „Glückston des Humors“. Aber Glück, auch das sagt Weiß, sei ein „sehr flüchtiger Aggregatzustand“. Es gebe Glücksmomente, die seien aber nicht von Dauer: „Glück kann ich wahrnehmen, aber nicht festhalten.“ (epd)