Eine Mini-Tonscherbe gilt als neuer Sensationsfund in Jerusalem. Auf ihr steht eine Steuermahnung an das Königreich Juda – sie ist 2.700 Jahre alt. Möglicherweise ist sie ein Hinweis auf eine Revolte.
Eine winzige Tonscherbe sorgt bei israelischen Archäologen für Aufregung. Der 2,5 Zentimeter kleine Fund in der Nähe der Westmauer des Jerusalemer Tempelbergs trägt eine Keilinschrift in akkadischer Sprache und ist etwa 2.700 Jahre alt – einzigartig in Jerusalem, wie die israelische Antikenbehörde am Mittwoch mitteilte. Es sei die einzige jemals in der Stadt gefundene assyrische Inschrift aus der Zeit des ersten jüdischen Tempels (8. bis 7. Jahrhundert vor Christus).
In dem Keilschrifttext geht es laut Archäologen um eine Steuersäumnis des israelitischen Königreichs Juda gegenüber dem Assyrischen Reich. Damit liefere die Scherbe einen direkten Beweis für die offizielle Kommunikation zwischen beiden Reichen. “Die Entdeckung vertieft unser Verständnis der Präsenz der Assyrer in Jerusalem und des Ausmaßes ihres Einflusses auf die Angelegenheiten des Königreichs Juda”, sagte die Grabungsleiterin der Behörde, Ayala Zilberstein.
Der Name des Königs von Juda fehlt laut Mitteilung in dem gefundenen Text. Kontext und Teiltext ließen jedoch vermuten, dass sie “entweder an den Hof von König Hiskia, Manasse oder zu Beginn der Regierungszeit Josias geschickt wurde”. Eine Untersuchung der Zusammensetzung des verwendeten Tons belege, dass die Scherbe nicht in Jerusalem hergestellt worden sei, sondern “höchstwahrscheinlich aus einem der Verwaltungszentren Assyriens wie Ninive, Assur oder Nimrud” stamme.
Ferner gebe die Scherbe Aufschlüsse über das Gebiet, in dem sie gefunden wurde. Laut Zilberstein deutet sie darauf hin, dass das sich zur Zeit des ersten Tempels entwickelnde Stadtviertel westlich des Tempels “als Zentrum für die Aktivitäten hochrangiger Minister und Persönlichkeiten diente”.
Die Forscher deuten die Existenz der Steuermahnung als Hinweis darauf, dass es eine gewisse Reibung zwischen dem israelitischen Königreich und dem assyrischen Großreich gegeben habe. Möglicherweise spiegele sich in ihr “eine Geschichte über einen Steueraufstand wider, wie beispielsweise die biblische Beschreibung des Aufstands Hiskias gegen Sanherib”, die im biblischen Buch der Könige erzählt wird.