Erdüberlastungstag: Deutschland verschwendet Ressourcen für drei Erden

Ginge es nach den natürlichen Ressourcen, die Deutschland rein rechnerisch zur Verfügung stehen, wäre das Jahr schon Anfang Mai vorbei: Der 4. Mai ist deutscher „Erdüberlastungstag“ für 2023.

Protestaktion vor dem Bundestag in Berlin zum Erdüberlastungstag 2019 unter dem Motto „Schluss mit dem Ressourcenwahnsinn“
Protestaktion vor dem Bundestag in Berlin zum Erdüberlastungstag 2019 unter dem Motto „Schluss mit dem Ressourcenwahnsinn“

Die Erde wird ausgequetscht wie eine Zitrone. Und die Deutschen zählen zu den besonders verschwenderischen Nationen. Die Bundesbürger haben nach Berechnungen von Umweltschützern in diesem Jahr bereits am Donnerstag ihre ökologischen Ressourcen für das Jahr 2023 aufgebraucht. Während der weltweite Erdüberlastungstag im Juli oder August erreicht werden wird, fällt der deutsche „Earth Overshoot Day“ wie 2022 auf den 4. Mai, wie die Umweltorganisation Germanwatch mitteilte.

Der symbolische Tag wird jährlich vom Global Footprint Network errechnet. Deutschland lag mit seinem Pro-Kopf-Verbrauch und seinen Emissionen im oberen Viertel aller Nationen. Würden alle Länder so viele natürliche Ressourcen verbrauchen wie die Deutschen, wären drei Erden notwendig. Zum Vergleich die Zahlen des vergangenen Jahres: Bei einem weltweiten Ressourcenverbrauch wie in den USA wären 5,1 Erden notwendig; es folgen Australien mit 4,5 und Russland mit 3,4 Erden. China lag auf Rang 12 mit 2,4 Erden. Im Schnitt verbraucht die Erdbevölkerung derzeit jedes Jahr 1,75 Erden – wobei die meisten Länder weit unter dem rechnerischen Wert von einer Erde liegen.

Junge Generationen werden leiden

Zentrale Gründe für den frühen Termin in Deutschland sind unter anderem der weiterhin viel zu hohe Energieverbrauch, der hohe CO2-Ausstoß im Verkehr und die Massentierhaltung sowie die Verunreinigung von Böden, Luft und Grundwasser. „Die CO2-Emissionen in Deutschland müssten dreimal so schnell sinken wie bisher. Zugleich müssen wir den Rohstoffverbrauch minimieren, wenn wir die Tragfähigkeit des Planeten und die Menschenrechte schützen wollen“, sagte Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch.

„Es gibt einige positive Ansätze hierzulande. Aber wenn wir die nicht massiv beschleunigen, werden wir noch Jahrzehnte brauchen, um zu einer nachhaltigen Lebensweise zu finden“, fügte er hinzu. Mit den schwerwiegenden Folgen dieser jahrzehntelangen Übernutzung müssten vor allem die jungen und nachfolgenden Generationen sowie arme Menschen, vor allem im globalen Süden, fertig werden. „Doch die haben am wenigsten zu dieser Krise beigetragen.“

Priorität hat aus Sicht von Germanwatch die weltweite Verringerung der Treibhausgasemissionen um mindestens 43 Prozent bis 2030 gegenüber 2019. Die notwendigen Veränderungen müssten zugleich so umgesetzt werden, dass der Ressourcenverbrauch soweit wie möglich verringert wird. „Dafür ist eine ganzheitliche Kreislaufwirtschaft ein wichtiger Hebel.“ Es gelte, Produkte langlebiger zu machen, zum Beispiel durch reparaturfähiges und haltbares Design und ein Recht auf Reparatur. Darüber hinaus müsse für ein hochwertiges Recycling gesorgt werden.

Germanwatch forderte zugleich, Bahn- statt Flugreisen auch auf längeren Strecken zu etablieren „Die Bahn sollte auch auf grenzüberschreitenden Strecken in Europa das bevorzugte Reisemittel werden – das würde Reisen deutlich energieeffizienter und klimafreundlicher machen“, forderte Jacob Rohm, Referent für klimafreundliche Mobilität bei Germanwatch. Alle Faktoren eingerechnet, seien Bahn- und Busreisen im Inland pro Kilometer ungefähr sechsmal klimafreundlicher als Flugreisen.

Entscheidend ist die politische Transformation

Die Umweltorganisation appellierte an jeden einzelnen Bürger, den ökologischen Fußabdruck zu verringern und weniger zu konsumieren, anders mobil zu sein und Wohnraum zu verkleinern. Die Wende zur Nachhaltigkeit werde aber nur gelingen, wenn Rahmenbedingungen für alle verändert würden. Auf EU- und Bundesebene würden derzeit viele Rahmen gesetzt – von der Ausgestaltung des European Green Deal und dem EU-Lieferkettengesetz bis hin zur Transformation im Gebäude- und Verkehrssektor.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte von der Bundesregierung, bis 2026 ein Ressourcenschutzgesetz mit verbindlichen Schutzzielen zu verabschieden. Es müsse sich auf Böden und Flächen, Acker- und Weideland, Fischgründe, Wald und Holz beziehen. „Der Ressourcenverbrauch muss bis 2050 um 85 Prozent sinken – bis 2030 um 50 Prozent“, heißt es in einem Positionspapier. Insbesondere die Automobil- und Chemieindustrie müssten sich neu aufstellen.