Endlich zuhause – nach fast zwei Jahren

Es ist geschafft: Die in Hamburg gestrandeten Seeleute sind zuhause und dürfen ihre Familien umarmen. Auch die letzte Quarantäne ist beendet.

Atriano Taira (29) im vergangenen Dezember in der Jugendherberge in Hamburg Horn
Atriano Taira (29) im vergangenen Dezember in der Jugendherberge in Hamburg HornPhilipp Reiss / epd

Hamburg/Kiribati. 150 Seeleute aus dem südpazifischen Inselstaat Kiribati, die bis zu fünf Monate in der Hamburger Jugendherberge Horner Rennbahn gelebt haben, dürfen am Dienstag zu ihren Familien zurückkehren. Nach mehrwöchiger Rückreise über Quatar und Australien, zweiwöchiger Quarantäne in Fidschi und erneuter 16-tägiger Quarantäne in ihrem Heimatstaat Kiribati habe die Regierung endlich grünes Licht gegeben, sagte der Seemannspastor der Nordkirche, Matthias Ristau, dem epd. Die Männer waren bis zu 22 Monate nicht mehr zu Hause, weil die Corona-Bestimmungen des Inselstaats es nicht zuließen. Sie feierten die gute Nachricht traditionsgemäß mit Tanz und Gesang in der Unterkunft.

„Jetzt ist es wichtig, dass die Seeleute so schnell wie möglich geimpft werden, damit sie wieder reisen und arbeiten können“, sagte Ristau. Mit Kontakten zu den örtlichen Medien will er auch die Regierung auf die schwierige Situation der Männer aufmerksam machen. Die Quarantäne-Bedingungen auf Kiribati seien ihm von den Seemännern als kritisch beschrieben worden: viele Männer auf engem Raum, kaum sanitäre Anlagen und nur eine schleppende medizinische Versorgung.

Seemann gestorben

Ein Seemann war am 12. April während der Quarantäne in Kiribati überraschend verstorben. Er hinterlässt Frau und Kinder. Ristau und die Seemannsmissionen wollen eine Spendenaktion starten, um die Familie und weitere Härtefälle unterstützen zu können. Er steht weiter mit den Männern in Kontakt und setzt sich dafür ein, dass die Seeleute grundlegende Rechte bekommen. „Ich hoffe, dass die Situation nicht dazu führt, dass die Reedereien keine Seeleute aus Kiribati mehr anheuern“, so der Seelsorger. Viele Familien des Inselstaats leben von der Seefahrt: Seit 1967 gibt es auf der Insel Betio eine von mehreren deutschen Reedern eingerichtete Seefahrtsschule, die Kiribati für die Arbeit auf Containerschiffen ausbildet.

Matthias Ristau
Matthias RistauPhilipp Reiss / epd

Vor der Abreise aus Hamburg Mitte März hatte Kapitän Tekemau Kiraua, der einzige Hochsee-Kapitän Kiribatis, einen Brief im Namen aller betroffenen Crews an die beteiligten Helfer verfasst. In dem Schreiben bedankte er sich für die vielseitigen Hilfen bei bürokratischen Problemen, Essens- und Kleiderspenden, die seelische Unterstützung und die Bemühungen, ihnen die Zeit des Wartens mit Ausflügen zu verschönern. „Auch bei schlechtem Wetter habt Ihr uns immer mit fröhlichen Gesichtern besucht und Euch um uns gekümmert“, schreibt Kapitän Tekemau Kiraua. „Danke, dass Ihr für uns gekocht und mit uns gegessen habt.“

Die evangelischen Seemannsmissionen und die katholische Seemannsmission Stella Maris hatten sich um die Männer gekümmert, die aus Platzgründen in der großen Jugendherberge untergebracht werden mussten. In enger Absprache mit den betroffenen Reedereien hatten sich Seemannspastor Ristau und viele Helfer seit November für eine Rückreise nach Kiribati und Tuvalu eingesetzt. Auch das Auswärtige Amt und Bischöfin Kirsten Fehrs schalteten sich ein.


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Kiribati liegt im Pazifik, etwa 6.000 Kilometer nordöstlich von Australien. Die 33 Inseln des Staates erstrecken sich nördlich und südlich des Äquators über eine Distanz, die der Strecke von Norwegen bis Sizilien entspricht. Die reine Landfläche der Inseln Kiribatis hingegen ist kaum größer als die Stadt Hamburg. Bis 1979 war Kiribati britische Kolonie. (epd)