Kurschus: Kirche macht keine „Sonderangebote“ für Reiche

Es könne der Eindruck entstehen, man könne die Kirchensteuer sparen, aber bei Bedarf kirchliche Dienste wie ein Event buchen. So sei es aber nicht, sagte die Theologin.

EKD-Präses Annette Kurschus
EKD-Präses Annette KurschusChristian Ditsch / epd

Bielefeld. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, sieht die kirchliche Trauung von Finanzminister Christian Lindner (FDP) und der Journalistin Franca Lehfeldt skeptisch. Die Rechtslage auch in der Nordkirche sei, nach einem Kirchenaustritt nicht in einer Kirche heiraten zu können, sagte Kurschus dem in Bielefeld erscheinenden „Westfalen-Blatt“. „Es gibt aber einzelne Fälle, in denen eine Pfarrperson aus besonderen seelsorglichen Gründen davon abweicht und dies mit ihrem Gewissen vertritt“, erklärte Kurschus, die auch Präses der westfälischen Kirche ist. Solche „seelsorglichen Gründe“ seien allerdings keine Allerweltsgründe.


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Die leitende Theologin kritisierte, dass in den Medien das Wort „Lindner-Zeremonie“ zu lesen sei, wo ein Gottesdienst gemeint sei. „Wir sind beileibe nicht knauserig mit Gottes Gaben. Aber fest steht: Sakrament und Segen sind niemals eine Ware, die wir wohlfeil anbieten“, unterstrich Kurschus. Es könne der Eindruck entstehen, man könne die Kirchensteuer sparen, aber bei Bedarf kirchliche Dienste wie ein Event buchen. So sei es aber nicht. „Sonderangebote für Reiche und Wichtige zu machen, ist nicht unser Ding und wird es auch nie sein“, sagte Kurschus.

Seelsorgerliche Verschwiegenheit

Zur kirchlichen Trauung Lindners und Lehfeldts am vergangenen Samstag erklärte Kurschus, sie habe nur eine Meinung zu Dingen, deren Sachverhalt sie genau kenne. „Ich weiß zum Beispiel nicht genau, ob Herr Lindner oder Frau Lehfeldt vor der Trauung Kirchenmitglieder waren oder wurden“, sagte Kurschus. Zu den Aufgaben im Traugespräch gehöre ausdrücklich, die Möglichkeit eines Kircheneintritts anzusprechen. Die Pastorin in Keitum habe entschieden, die beiden zu trauen. „Und ich muss ihr vertrauen, dass sie dies nach dem Gespräch mit dem Paar nach reiflichem Nachdenken getan hat.“ Ein solches Gespräch unterliege der seelsorglichen Verschwiegenheit.

Die Kirche St. Severin in Keitum auf Sylt
Die Kirche St. Severin in Keitum auf SyltHolger Weinandt / Wikimedia Commons

Am vergangenen Samstag hatten Lindner und Lehfeldt in der evangelischen Kirche St. Severin in Keitum auf Sylt geheiratet, obwohl beide keiner Kirche angehören. Der Bischof von Schleswig und Holstein, Gothart Magaard, hat die kirchliche Trauung verteidigt. Zwar sehe die Lebensordnung der Nordkirche vor, dass bei einer Trauung mindestens ein Partner Mitglied sein soll. Ausnahmen lägen jedoch im Ermessen des Seelsorgers. Die Theologin Margot Käßmann hatte in ihrer Kolumne für „Bild am Sonntag“ kritisiert, hier sei es nicht um christlichen Inhalt, sondern um eine Kulisse gegangen. (epd)