Eine Seefahrt ist nicht lustig

Viele Menschen verbinden Schiffe und Meer mit Urlaub. Für die Soldaten an Bord eines Marineschiffes sieht das anders aus. Für sie ist eine Seefahrt harter Arbeitsalltag. Umso wichtiger ist da das Angebot der Militärseelsorge an Bord.

Das „Einsatz-Horn“ hat es sich auf einer UN-Kappe gemütlich gemacht.
Das „Einsatz-Horn“ hat es sich auf einer UN-Kappe gemütlich gemacht.Privat

Warnemünde. Endlich Feierabend! Jetzt schnell ab nach Hause zur Familie – und dann fängt die Freizeit an. Vor allem am Wochenende, wenn man erst nach zwei Tagen wieder am Arbeitsplatz erscheinen muss. Für viele ist dieser Wechsel von Arbeits- und Freizeit ganz selbstverständlich. Für Marinesoldaten und -soldatinnen an Bord von Booten und Schiffen ist das aber keinesfalls so. Denn grundsätzlich bahnt sich so eine seegehende Einheit sieben Tage lang rund um die Uhr ihren Weg durch das Meer.

Natürlich gibt es auch für die Menschen, die an Bord ihren Dienst versehen, neben den aktiven Dienstzeiten sogenannte „Freiwachen“. Schließlich kann niemand auf Dauer rund um die Uhr arbeiten, ohne dabei Schaden zu nehmen. Aber so richtig Freizeit gibt es für die Besatzung eines Marineschiffes erst, wenn das Schiff im Hafen liegt. Dann ruhen die Motoren und es müssen nur wenige Leute zur Wache und für andere Arbeiten eingeteilt werden. Für alle anderen bietet es sich an, endlich einmal die enge Kammer an Bord zu verlassen und an Land zu gehen. Wer tagelang mit acht Leuten in einem Raum geschlafen und nichts als das Meer um sich herum gesehen hat, für den bekommt der Landgang – vielleicht verbunden mit dem Besuch eines schicken Cafés oder eines kleinen Restaurants – eine ganz neue Lebensqualität.

Eine andere Realität

So war es jedenfalls in den Zeiten vor der weltweiten Corona-Pandemie. Doch seit mehr als anderthalb Jahren ist die Realität für fahrende Marinesoldaten eine ganz andere: Sie können in der Regel in keinem Hafen mehr von Bord gehen. Damit fehlt aber auch ein wichtiges Ventil, um den Stress und die Anspannung, die das Leben und Arbeiten an Bord mit sich bringt, abbauen zu können.

Um so wichtiger wird unter diesen Umständen das Angebot der Militärseelsorger:innen, die die Soldaten bei Übungen und Einsätzen begleiten. Denn sie haben nicht nur ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Besatzung, sondern sorgen mit ihrem Angebot für wichtige Auszeiten vom anstrengenden Arbeitsalltag an Bord. Als erstes kommen einem dabei natürlich die Gottesdienste an den Sonn- und Feiertagen in den Sinn. Sie sind aber nur ein kleiner, wenn auch unverzichtbarer Teil dessen, was die Militärseelsorger:innen ihren Besatzungsmitgliedern als Unterstützung und Betreuung anbieten können. Darüber hinaus erteilen sie lebenskundlichen Unterricht zu verschiedenen ethischen Themen, bieten in Vorträgen religions- und landeskundliche Informationen über die jeweilige Region des Einsatzes an, oder stellen einen kleinen Chor auf die Beine.

Kleine Geschenke

Beliebt sind bei den Soldat:innen auch die kleinen Geschenke, die die Militärseelsorger:innen mitbringen. Neben den obligatorischen Kugelschreibern und Feuerzeugen erfreut sich insbesondere ein kleines Plüschtier wachsender Beliebtheit: das sogenannte „Einsatz-Horn“ der evangelischen Militärseelsorge. Besonders junge Eltern nehmen es gerne als Geschenk für ihre Kinder mit. Insbesondere dort, wo die Marine­soldat:innen nicht von Bord gehen können, bekommt so ein kleines Mitbringsel einen ganz besonderen Wert. Darüber hinaus bietet es oft einen Anlass, sich im Gespräch mit dem Militärseelsorger oder der Militärseelsorgerin über die familiäre Situation auszutauschen.

Die silbernen Flügel des „Einsatz-Horns“ erinnern an die Segensworte des 91. Psalms: „Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.“ Diese guten Worte sind für viele Soldat:innen im Einsatz eine wichtige Kraftquelle: Sie schaffen auch über tausende Seemeilen hinweg Verbundenheit mit Gott und mit den Menschen, die ihnen am Herzen liegen.

Unser Autor
Christian Moritz leitet das Militärpfarramt Warnemünde. Zuletzt hat er die ­Soldaten und Soldatinnen des Tenders „Werra“ im Nato-Ägäis-Einsatz im Frühjahr dieses Jahres begleitet.