Einander lieben

Über die Ehe und die „Zehn-Jahres-Frage“ schreibt Christof Vetter. Er ist Pastor in Aerzen in Niedersachsen.

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Der Predigttext des folgenden Sonntags lautet: „Und Gott der HERR sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht.“ aus 1. Mose 2, 18

Vor zehn Jahren in der Kreuzkirche am Rand der Altstadt von Hannover haben wir „Ja“ zueinander und zu unserer Liebe gesagt. Eine spannende Zeit ging zu Ende. Wir, die Frau, die ich heiratete, und ich, waren uns einig, dass nun viel Neues, Bewegendes und Spannendes vor uns liegt.

„Nicht gut, dass der Mensch allein sei, ich will ihm eine Hilfe machen, einen Gegenpart.“ So hat der jüdische Gelehrte Martin Buber den Trauspruch aus der zweiten Schöpfungsgeschichte ins Deutsche übertragen. Darin steckt, was von Anfang an mit der Schöpfung der Menschen gemeint ist. Nicht, dass eine dem anderen, einer der anderen „Hilfe“ ist, sondern „Gegenpart“. Nur mit einem „Gegenpart“ ist Mensch ein Ganzes. Wir beide wollten nicht länger allein durchs Leben gehen, wir beide hatten entdeckt, dass wir – so pathetisch es klingen mag – füreinander geschaffen sind. Füreinander heißt, dass wir aneinander wachsen, uns aufeinander verlassen, einander vertrauen und mit-einander streiten – anders ausgedrückt: einander lieben.

Helle Stunden — dunkle Stunden

Zehn Jahre sind vergangen. Und wer behauptet, es sei alles eitel Sonnenschein gewesen, lügt. Helle Stunden haben sich mit dunklen abgewechselt. Sorge um Gesundheit und um Arbeitsplätze, um Eltern, Familie und Freunde, Fragen und Zweifel gehören zum Alltag eines Paares, das erst zu Beginn der zweiten Lebenshälfte gefreit hat. Aber noch öfter auch das stille Einverständnis über das, was der Gegenpart tut. Oft hat der Gegenpart eine Herausforderung anders als erwartet angepackt. Und es war gut so – oder sogar besser.

In anderen Lebenszusammenhängen wird nach so vielen Jahren um eine Vertragsverlängerung gefeilscht oder auch die sogenannte „Zehn-Jahres-Frage“ gestellt. Manche schaffen es nicht bis zu dieser Frage. Bei uns stellt sich keine Frage, sondern es bleibt Gewissheit. In der Sprache Luthers: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei …“

Eben nicht, weil der eine oder die andere eine Hilfe brauche, sondern weil wir uns gewiss sind, dass der Gegenpart, der uns entspricht, ein Ganzes aus uns macht.

Unser Autor
Christof Vetter ist Pastor in Aerzen in Niedersachsen.

Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Mittwoch.