Ein Posaunenchor, der Geschichte schreibt

Seit 100 Jahren hat Oldenburg in Holstein einen Posaunenchor. Grund genug, um eine eigene Geschichte der Kirchenmusik zu schreiben­. Und um zu feiern.

Wie es sich gehört: Zu Pfingsten 2022 spielt der Chor unter freiem Himmel
Wie es sich gehört: Zu Pfingsten 2022 spielt der Chor unter freiem HimmelSusanne Löblein

Oldenburg/Ostholstein. Diese Musiker können sich ihr Geburtstagsständchen selbst bringen: In diesem Jahr feiert der Oldenburger Posaunenchor sein 100-jähriges Bestehen mit einem Festkonzert. Dann wird wohl auch das Lied „Lobe den Herren …“ erklingen, denn das gehört seit einem Jahrhundert zum Repertoire der Bläser.

Der Chor wurde 1922 nach einem Kindergottesdienst gegründet. „Damals leitete Pastor Millies den Kindergottesdienst. Ein Vater, Emil Burmeister, half ihm dabei. Dabei stellten sie fest, dass sie beide Posaunenbläser waren“, berichtet Kantor Matthias Voget. Als Dritter kam Ernst Bargholtz dazu. Über den Kirchenvorstand wurden daraufhin die nötigen Instrumente und Notenbücher angeschafft. Der Posaunenchor ging schließlich mit sechs Mitgliedern an den Start.

Verboten von den Nazis

„Ziel und Aufgabe des Posaunenchors damals und heute sind die Verkündigung des Evangeliums und das Lob Gottes mit Blasinstrumenten“, erklärt der Oldenburger Kantor. Die ersten Bläser beteiligten sich an Gottesdiensten sowie an Missionsveranstaltungen. „Der Posaunenchor war vor dem Krieg eingebettet in den Christlichen Verein junger Menschen, dem CVJM“, erläutert Voget. „So war er auch vom Verbot des CVJM durch die Machthaber im Nationalsozialismus betroffen.“

Auftritt beim Landesposaunentag 1965 in Bad Segeberg
Auftritt beim Landesposaunentag 1965 in Bad SegebergArchiv Albrecht Bießmann

Nach dem Krieg nahm der Posaunenchor seine Arbeit wieder auf. 1961 stieß Albrecht Bießmann dazu, der seine Erinnerungen an die Bläserzeit aufgeschrieben hat. „Wir fanden großen Gefallen an der gemeinsamen Musik“, hält er fest. „Es wurde auch zu Hause geübt, und den nicht lackierten Instrumenten wurde fein mit rosa­rotem Wenol, Lappen und Zeitungspapier zu goldgelbem Glanz verholfen. Als Nebeneffekt erstrahlten die Hände nun in würdigem Schwarz, ein jedem Bläser bekanntes Phänomen.“

Einer der Musiker verfasste das Weihnachtsliederbuch „In dulci jubilo“: „Das entstammte folgender alljährlichen Erfahrung: Viele Bücher mitschleppen beim Stadtrundblasen am „Heiligen Vormittag“ in Oldenburg war beschwerlich“, so Bießmanns Erinnerungen. „Oft bei klirrender Kälte, manchmal mit eingefrorenen Ventilen, wurden Lieder in und vor Altersheimen, Gefängnis und anderen Einrichtungen gespielt.“

Repertoire hat sich erweitert

2007 übernahm Matthias Voget die Leitung des Posaunenchors. „Das Repertoire des Chores hat sich erweitert“, sagt er. „Neben Chorälen und alter Bläsermusik, die wir nach wie vor gern spielen, musizieren wir auch Gospelbearbeitungen und Filmmusik.“ 17 Musiker stoßen derzeit ins Horn, der jüngste 13 Jahre alt, das älteste Mitglied 68 Jahre. In der Adventszeit veranstaltet der Chor das jährliche Stadtrundblasen. Auch diakonische­ Einsätze am Krankenhaus oder in den Seniorenheimen gehören dazu. „Mit Posaunen, Trompeten und Hörnern können wir überall, auch bei Freiluftgottesdiensten, gut vernehmbar den Gesang begleiten und Musikstücke vortragen.“ Dabei hat das Blechblasinstrument anderen einiges voraus: „Wir brauchen keinen Strom, können die Instrumente transportieren.“

Der Türmer von Neumünster

Zum Geburtstag gibt es ein Konzert. „Am Samstag, 25. Juni, spielen wir um 11 Uhr ein Ständchen vor dem Oldenburger Rathaus. Am Sonntag spielen wir um 10.30 Uhr im Festgottesdienst; um 17 Uhr ist ein Jubiläumskonzert unter der Leitung von Landesposaunenwart Daniel Rau zusammen mit den Nachbarposaunenchören der Propstei Oldenburg“, so Voget. „Einige ehemalige Mitglieder kommen als Besucher.“