Wo Platz ist für kleine Christen

Weniger Menschen gehen zum Gottesdienst, deshalb müssen christliche Werte an anderen Orten vermittelt werden. Dazu zählen besonders evangelische Kitas. Wie gut funktioniert das?

Pastorin Sigrun Kühn (l.) feiert einen Segnungs-gottesdienst im Kindergarten
Pastorin Sigrun Kühn (l.) feiert einen Segnungs-gottesdienst im KindergartenPrivat

Schwarzenbek. „Gott, wir danken dir für deine Gaben, die wir von dir empfangen haben.“ Das Tischgebet sprechen die Erziehenden im Kindergarten St. Elisabeth in Schwarzenbek östlich von Hamburg tagtäglich mit den Kindern vor einer Mahlzeit. Rituale wie dieses und eine Vielzahl weiterer Formen, christliche Werte zu vermitteln, machen den Alltag in einer evangelischen Kita aus. Landesweit rücken die Einrichtungen derzeit verstärkt in den Fokus – denn immer weniger Familien lassen sich über Gottesdienste in der Kirche und Veranstaltungen im Gemeindezentrum erreichen.

„Die Kitas können ein Eintrittstor sein für die Eltern. Es sind Orte des Glaubens“, erläutert Christina Bethien­, die die Schwarzenbeker Kita leitet. Dabei komme es vor allem auf die Erzieherinnen und Erzieher an: „Sie müssen sich mit dem christ­lichen Glauben und der Kirche identifizieren und das auch täglich mit den Kindern leben“, erläutert die Pädagogin.

Ein Türöffner!

35 Mitarbeitende gibt es hier, die rund 200 Jungen und Mädchen vom Krippenalter bis zum Hort betreuen und versorgen. Das Team bereitet sich gemeinsam mit den Kindern auf besondere Feste im Laufe des Kirchenjahres vor, erklärt altersgerecht deren Bedeutung und erfüllt sie mit christlichem Leben. Entscheidend dabei sei die persönliche Bindung zwischen den Erzieherinnen und den Familien, so Bethien: „Dadurch kommen Eltern und Kinder mit unserem Glauben in Kontakt – das ist der Türöffner, der dann genutzt werden kann.“

Religionspädagogik geht auch mit Handpuppen
Religionspädagogik geht auch mit HandpuppenPrivat

Doch um diese Gelegenheit zu nutzen, benötigen die Kollegen Unterstützung. „Wir brauchen nicht nur eine zeitliche Ressource, sondern Unterstützung durch den Träger und einen direkten Kontakt, bei dem man offen und auch mal kritisch über etwas sprechen kann, was Kirche betrifft“, wünscht sich Bethien für alle evangelischen Kitas.

In Schwarzenbek sorgt Sigrun Kühn für diesen Rückhalt. Sie arbeitet seit acht Jahren als Pastorin in der Kirchengemeinde. Damals wuchsen die Kita und die frühere Familienbildungsstätte im Rahmen eines Umbaus und neuen Konzepts zum Familienzentrum zusammen. „Ich als Pastorin und Seelsorgerin bin seither mittendrin“, schildert sie. Ihr Büro ist direkt im Zentrum eingerichtet. Das sei eine große Chance, denn beim Bringen der Kinder fragen die Eltern beispielsweise: „Ach, Frau Kühn, was ich schon lange fragen wollte – wie ist das eigentlich mit der Taufe?“ Schon sei man im Gespräch.

Intensive Zeiten

Um mit den Jungen und Mädchen in Kontakt zu kommen, braucht die Theologin nur einmal über den Flur zu gehen. Reihum besucht sie die elf Kindergruppen, feiert beispielsweise Weihnachten, Ostern und Erntedank mit ihnen. „Einmal im Jahr gibt es eine Kinderbibelwoche, eine intensive und schöne Zeit“, so Kühn. Die Kinder wachsen so selbstverständlich damit auf, Gottesdienste zu feiern und das Vaterunser zu sprechen.

Was eine Herausforderung ist

Der Pastorenmangel und die damit einhergehende Regionalisierung von Kirchengemeinden stellen allerdings immer mehr Kindergärten vor eine Herausforderung. Auch in der Schwarzenbeker Gemeinde sind weniger Pastoren und Pastorinnen als früher beschäftigt. „Es wird immer schwieriger“, sagt die Seelsorgerin.

Kindergartenleiterin Bethien sieht diese strukturelle Entwicklung kritisch: Gebe es keinen direkten Ansprechpartner vor Ort, falle es den Menschen viel schwerer, Kontakt aufzunehmen. „Wenn die Verkündigungsarbeit in der Kita selbstverständlich ist – was tut die Kirche, um das zu fördern und die Mitarbeitenden zu stärken?“, fragt sie.

„Mit Gott groß werden“

Die rund 600 evangelischen Kitas in Schleswig-Holstein sind im Verband Evangelischer Kindertageseinrichtungen (VEK) zusammengeschlossen. Dort werden Fortbildungen für Erziehende angeboten, damit diese selbst religionspädagogische Angebote gestalten können. Zusätzlich sei eine Begleitung durch theologisch versierte Fachleute nötig, so Maike Lauther-Pohl. Der Pastorin und theologischen Referentin für Religionspädagogik im VEK geht es darum, „eine Vielfalt von möglichen Formen des Kirche-Seins zu entwickeln“ – darunter auch Kitas als kirchliche Orte: „Wenn es keine Pastorin, keinen Pastor mehr in einer Kirchengemeinde vor Ort gibt, kann die evangelische Kita am Ort spirituelle Angebote für Kinder, Eltern und weitere Interessierte, die das Bedürfnis nach religiösen alltagsnahen Erlebnissen haben, gestalten“, so Lauther-Pohl.

Das Motto des VEK lautet „Mit Gott groß werden“. „Dass die Kinder das erleben können – dabei möchte ich mithelfen“, sagt Pastorin Kühn. „Als etwas Lebensbegleitendes, das in der Kita beginnt. Der Glaube verändert sich zwar – aber stets gilt: Mit Gott kann ich gut groß werden.“