Ein Plan für vier Kirchen

Die vier Lübecker Innenstadtgemeinden haben sich zum Juli mit einem Gottesdienstkonzept neu aufgestellt. Doch kann das sinkende Mitgliederzahlen auffangen?

Die Lübecker Innenstadtkirchen, darunter St. Marien, haben ein gemeinsames Gottesdienstkonzept entwickelt
Die Lübecker Innenstadtkirchen, darunter St. Marien, haben ein gemeinsames Gottesdienstkonzept entwickeltKirchenkreis Lübeck-Lauenburg

Lübeck. Sie war die Königin der Hanse, rühmt sich mit ihrem Weltkulturerbe und ist ein Touristenmagnet – Lübeck kann sich mit vielen Superlativen schmücken. Die vier Innenstadtkirchen St. Aegidien, St. Jakobi, St. Marien und der Dom sind nicht nur Teil der prominenten Stadtsilhouette, sie prägen auch das kirchliche Leben in der City. Doch die warme Backsteingotik kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es mächtig knirscht im Kirchengebälk.

Der Anteil der Kirchenmitglieder in Deutschland ist erstmals unter 50 Prozent gesunken. Auch Lübeck kann diese Erosion nicht aufhalten. Bereits 2010 waren nur 48,6 Prozent der Menschen evangelisch gebunden, im Jahr 2020 noch 38,5 Prozent. Die vier Innenstadtgemeinden reagieren nun mit einem gemeinsamen Gottesdienstkonzept. Im Kern geht es um Veränderungen bei den Gottesdienstzeiten, der pastoralen Arbeit und der Kirchenmusik.

Wie man junge Familien erreicht

St. Jakobi feiert seit Ostern 2021 „Jakobi Punkt 5“ immer samstags um 17 Uhr. „Dieses Modell hat sich bewährt, wir begrüßen seitdem viele neue Gäste“, so Pastor Lutz Jedeck. Der Gottesdienst im Dom wird seit Juli  um 10 Uhr und nicht wie bisher um 10.40 Uhr gefeiert. Pastorin Margrit Wegner sagt: „Am Dom kommen noch relativ viele Menschen zum Gottesdienst am Sonntagmorgen.“ Sie seien kirchlich verwurzelt, gehörten aber zu einer Altersgruppe, die weniger werde. Junge Familien seien mit diesen Zeiten kaum zu erreichen, auch wenn Taufen und Trauungen stark nachgefragt würden. Außerdem finden die Gottesdienste in St. Marien seit Juli sonntags um 12 Uhr (bisher um 10 Uhr) statt bisher. Nur St. Aegidien bleibt bei seiner Zeit um 10 Uhr.

Blick auf die Türme des Lübecker Doms – und damit auf einen Teil der sieben Türme
Blick auf die Türme des Lübecker Doms – und damit auf einen Teil der sieben TürmeFrankentroll / Wikipedia

Auch Touristen sollen angesprochen werden, jeder fünfte Urlauber in Schleswig-Holstein hat eine Kirche besichtigt. Das weiß auch Robert Pfeifer, Pastor in St. Marien. Er wende sich mit niedrigschwelligen Angeboten an Besucher und wolle mit wechselnden Formaten „spirituelle Wanderer“ erreichen, sagt Pfeifer. Doch in der Urlaubssaison ist das mit reduziertem Personal kaum zu schaffen. „Es wird weniger werden, das lässt sich nicht vermeiden“, so Pfeifer. Dompastorin Wegner sagt: „Touristen nutzen gern den Gottesdienst Freitagabend oder die Domführungen am Samstag. Wir merken, dass viele sich in Kirchen gar nicht mehr auskennen, aber total beglückt sind, wenn sie auf Menschen treffen, die sie für eine Wegstrecke unaufdringlich begleiten.“

Allein in der Nordkirche geht bis 2030 mehr als die Hälfte der gut 1600 Pastoren in Rente. Diese Stellen werden nur teilweise nachbesetzt. Hatte die Synode des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg 2003 beschlossen, dass jede Innenstadtgemeinde mit 1,5 Stellen ausgestattet wird, ist das nun nicht mehr möglich. Für 2022/23 liegt das Soll bei 6, die Prognose für 2030 liegt bei 4,5 Stellen. Aktuell verteilen sich noch 7 Pfarrstellen auf 8 Pastoren.

Was sich verändert hat

Was den vier Gemeinden in der Lübecker City zu schaffen macht: Die Lebenswirklichkeit der Menschen habe sich enorm verändert, sagt Kallies. Sich immer wieder zu hinterfragen, das sei eine zeitlang abhanden gekommen. Man habe sich zu lange auf hohe Mitgliederzahlen und eine religiöse Sozialisation verlassen. Kallies: „Wir sind gut darin, Neues auszuprobieren, aber wir sind nicht geübt, Dinge zu beenden, die nicht mehr angenommen werden.“