Ein Piks für Pastoren

Sollen Theologen bevorzugt geimpft werden? Darüber wird in den USA diskutiert. Manche Geistliche argumentieren, dann könnten sie ihren Gemeinden besser helfen.

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Washington. In den USA nimmt die Impfkampagne gegen Corona weiter Fahrt auf. Ende Februar sind  jeden Tag mehr als eineinhalb Millionen Menschen geimpft worden. Erst kamen Menschen in Pflegeheimen und Beschäftigte im Gesundheitswesen an die Reihe. Bei der Vergabe der schützenden Impfdosen zeigt sich zudem das soziale Gefälle. Ethische und praktische Fragen fordern die christlichen Kirchen heraus, die selbst mitten in einer Debatte über die Impfpraxis stecken: Manche Pastoren möchten möglichst bald selbst den Pieks in den Oberarm – entweder als Vorbild für Impfskeptiker oder um in ihren Gemeinden besser helfen zu können.

Impftermine werden gewöhnlich online gebucht. Dies bevorzugt gebildete, jüngere und wohlhabendere Menschen, also in der Regel Weiße. Viele Afroamerikaner sind dagegen skeptisch. Die überwiegend schwarze Bevölkerung in ihrer Nachbarschaft in Texas leide stark unter Covid-19, sagte die Leiterin der Hilfsorganisation „Dallas Bethlehem Center“, Chelsea White, kürzlich in der Zeitung „USA Today“. Doch sie hätten kein großes Vertrauen in die Regierung und in Hilfsorganisationen: „Sie versprechen zu viel, liefern zu wenig, und gehen wieder.“ In manchen Südstaaten seien Impflokale vornehmlich in mehrheitlich weißen Vierteln zu finden, berichtete der Rundfunksender NPR.

Mehr Weiße geimpft

Laut „New York Times“ haben 15 Prozent der US-Amerikaner eine Dosis des Impfstoffes erhalten, 7,7 Prozent bereits zwei Dosen. Prozentual werden dabei weniger Afroamerikaner geimpft als Weiße, obwohl Schwarze von der Pandemie stärker betroffen sind. Die gesundheitspolitische Stiftung „Kaiser Family Foundation“ analysierte Mitte Februar mehrere Staaten: In Louisiana etwa stellten Schwarze 21 Prozent der Geimpften, 34 Prozent der Erkrankten und 39 Prozent der Todesfälle. In New York machten Afroamerikaner neun Prozent der Geimpften und 23 Prozent der Todesfälle aus.

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Doch während sich vielerorts schwarze Pastoren demonstrativ impfen lassen, um unter ihren Gemeindemitgliedern die Impfbereitschaft zu erhöhen, gibt es auch eine Debatte, ob Pastoren bevorzugt geimpft werden sollten. In der Bibel stehe, man solle seinen Nächsten lieben wie sich selbst, betonte der leitende Bischof der anglikanischen Episkopalkirche, Michael Curry. „Sich impfen zu lassen, eine Gesichtsmaske zu tragen, Abstand zu halten und Menschenmengen fern zu bleiben“ seien einfache Wege, Liebe zum Ausdruck zu bringen. Und man helfe sich selber, sagte Curry.

Die von den Bundesstaaten festgelegten Regeln für die Impfreihenfolge sehen vor, dass ältere Menschen und für die Gesellschaft besonders wichtige Berufsgruppen, etwa im Gesundheitswesen, bevorzugt werden. Manche Gläubige sind der Ansicht, Pastoren gehörten dazu.

Die Gesundheit riskiert

Es gehe nicht nur um den Impfschutz für Pastoren, sondern um die Gesundheit aller, mit denen Pastoren in Kontakt kommen in ihrem „Dienst an Jesus Christus“, erklärte der Direktor eines baptistischen Krankenhauses in Winston-Salem in North Carolina. Bischof Talbert Swan von der Spring of Hope Church of God in Christ in Massachusetts forderte, Geistliche sollten in der ersten Impfphase zum Zuge kommen. Sie riskierten ihre Gesundheit bei Bestattungen, Gebeten für Sterbende oder bei der Essensausgabe für sozial Schwache.


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Im Bundesstaat Pennsylvania hat die Episkopaldiözese daher beantragt, Pastoren als unentbehrliche Beschäftigte einzustufen. Für Mitte März seien in einer Kirche in Philadelphia Impfungen für 800 Geistliche und kirchlich Beschäftigte geplant. „Wir können uns nicht um die Kranken kümmern, wenn unsere Pastoren selbst krank sind“, sagte der für Pennsylvania zuständige Episkopalbischof, Daniel Gutiérrez.

In Kentucky dürfen Pastoren seit dem 1. März bevorzugt geimpft werden. Der Gesetzgeber hat Geistliche als „essenzielle“ Arbeiter klassifiziert. Sie sind damit den Beschäftigten im Verkehrswesen und in Lebensmittelläden gleichgestellt.

Was wird aus den Gottesdiensten?

Der Generalsekretär des ökumenischen Nationalen Kirchenrates, Jim Winkler, hat angeregt, Kirchen bei kommenden Großimpfungen zu nutzen. „Wir haben den Raum, die Parkplätze und die Freiwilligen“, sagte er.

Die Impfungen sollen auch den Weg dafür frei machen, dass Gottesdienste wieder gemeinschaftlich gefeiert werden können. Man werde überlegen müssen, ob geimpfte und nicht geimpfte Mitglieder separat zusammenkommen sollten, schrieb das evangelikale Magazin „Christianity Today“. Ein Kommentar im Jesuitenmagazin „America“ stellte zur Diskussion, ob nur geimpfte Gläubige zur Messfeier zugelassen werden sollen. Es sei verantwortungslos, hieß es, zum Gottesdienst einzuladen, ohne alles getan zu haben, um das Risiko zu verringern. (epd)