Ein Ohrwurm über die Jahreslosung

Jedes Jahr komponiert Elke Braun ein Lied – und zwar zur aktuellen Jahreslosung. Pastoren und Kirchengemeinden warten gespannt darauf. Hier gibt’s das Lied zum Hören.

Elke Braun im Musikzimmer ihrer Rostocker Wohnung
Elke Braun im Musikzimmer ihrer Rostocker WohnungMarion Wulf-Nixdorf

Rostock. Ein Jahr ohne ein neues Lied zur Jahreslosung zu schreiben – das kann sich Elke Braun in Rostock nicht mehr vorstellen. „Es gibt Leute, die darauf warten – also schreibe ich“, sagt sie. Die Anfragen von Pastoren und Gemeindemitarbeitern kommen inzwischen nicht nur aus Deutschland, freut sie sich. Und so ist sie jedes Jahr ungefähr ab Ende Oktober mit dem geistlichen Wort, das über das folgende Jahr gestellt ist, beschäftigt. „Mein Timing ist spät“, gibt sie zu. Aber so sei es nun mal bei ihr, das Eigentliche passiere erst, wenn es muss.
Der erste Schritt: Sie geht in die Rostocker Universitätsbibliothek, liest alles, was ihr zu diesem Bibelspruch – für 2017 aus Hesekiel 36,26: „Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch“ – in die Finger kommt. Sie versucht, in den Text und sein Umfeld, in die Zeit, als er geschrieben wurde, einzutauchen. „Ich füttere mein Hirn mit Hintergrund“, beschreibt sie diese Phase.

Fachwissen kommt vom Theologen

In diesem Jahr ging es mit Hadern los. Gott hat sein Volk bestraft, war ihre erste Erkenntnis beim Textstudium. Aber die Strafe, das Exil, ging für Gott nach hinten los, meint Elke Braun: Er verliert seinen „guten Ruf und um den wiederherzustellen, entwirft er einen Masterplan“. Ein Schritt dabei ist ein neues Herz. Es sei für sie eine mühsame erste Begegnung mit Hesekiel gewesen.
Wenn dann schon eine Menge an theoretischem Wissen da ist – und in diesem Jahr eben auch Hader – verabredet sie sich mit einer Theologin, um in die Feinheiten der Sprache des Urtextes zu kommen, denn „ich kann kein Hebräisch, kein Griechisch“, sagt die gelernte Erzieherin. Die letzten Jahre war es Pastorin Jutta Schnauer, die sie aus den Jahren ihres Dienstes als Gemeindepädagogin in der Ufergemeinde in Groß Klein kennt. Und im Gespräch mit Jutta Schnauer kam wieder alles ins rechte Lot.
Dann geht es zuhause ans Klavier. Im Spielen komme eine Melodie, die Worte gehen hin und her in ihrem Kopf, die Musik fließe in die Tasten. Es sei wie ein Puzzle, ein langes Suchen, Rutschen – bis ein Bild entstehe. Es müsse ein Ohrwurm, ein so eingängiges Lied geboren werden, das nicht mehr aus dem Kopf will. Sie bemühe sich gerade beim Texten um eine nicht innerkirchliche Sprache. „Eine Predigt geht in den Kopf, ein Lied landet gleich in unserem Herz.“ Lieder seien wie trojanische Pferde, wenn die Melodie gut sei, bekomme man jeden Text transportiert. Darum trügen Texte und Texter eine besondere Verantwortung, sagt Elke Braun.

Mit einer Gitarre begann ihre Begeisterung

Die Noten schreibe sie erst ganz am Schluss auf, erklärt sie ihre Arbeitsweise. Dann verschickt sie Text und Noten an Interessierte zum Einüben in den Kirchengemeinden. „Die Lieder, die ich schreibe, sind eigentlich schon da“, sagt die 52-Jährige, „ich bringe sie nur zur Welt …“ Das sei manchmal alles andere als einfach. In diesem Jahr war der Refrain aber schon Anfang Dezember fertig.
Elke Braun ist in Bielefeld aufgewachsen, wurde jeden Abend von ihrer Mutter mit einem Lied, auf der Gitarre begleitet, in den Schlaf gesungen. Ob daher ihre Liebe zur Musik kommt? Sie sei schon als Dreijährige mit dem Dreirad um den Küchentisch geflitzt und habe gesungen, erzählt Elke Braun lachend. Als Schulkind bekam sie eine Gitarre geschenkt, später lernte sie auch das Klavierspiel. Mit 16 gründete sie ihre erste Band. Sie absolvierte eine Erzieher-Ausbildung mit Abitur, arbeitete in einer Reha, später in der Kinder- und Jugendarbeit in Bethel. Von der Zeit schwärmt sie noch heute.
„Wegen der Liebe“ sei sie 1998 nach Rostock gegangen, kennengelernt hatte sie ihren späteren Mann Andreas auf einer Weiterbildung, und nur vier Wochen später kündigte sie in Bethel. Die beiden haben zwei Kinder, 16 und 14 Jahre, und leben mitten in der Stadt in einer Wohnung, die auch ein wenig nach Musikstudio aussieht.

Auftritte mit Gospel-Quarttet

Obwohl sie in Bethel bereits in der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit tätig war, musste sie in Mecklenburg in einem Anerkennungsjahr ihre Fähigkeiten nachweisen. Das machte sie in der Ufergemeinde in Rostock Groß Klein. „Eine spannende Zeit“, sagt sie noch heute. In dieser Zeit entstand ihr erstes Musical „Nix für Feiglinge“, extra für die Kids in Groß Klein geschrieben. Außerdem gründete sie in Groß Klein ihren ersten Gospelchor. Nach der Elternzeit arbeitete sie vier Jahre bis 2009 in der Slütergemeinde in Rostock Dierkow, auch hier gründete sie einen Gospelchor. Dann entschied sie sich für die Freiberuflichkeit. Den Gospelchor ließ die Slütergemeinde zur Jugendkirche wechseln, aus 25 Mitgliedern wurden 50. Sie gründete mit Berufsmusikern auch ein Gospel-Quartett, mit dem sie häufig auftritt, unter anderem bei den Ostermontagsgottesdiensten auf dem Neuen Markt in Rostock.
Seit Mai 2016 leitet Elke Braun in der Kirchengemeinde Kühlungsborn einen Gospelchor, zu dem inzwischen rund 40 Leute gehören. „Wir erreichen mit dieser Art von Musik viele Menschen, die am Rand von Kirche stehen“, freut sie sich. Außerdem passt diese mitreißende Musik zu ihr.
Das Lied zur Jahreslosung